Fibro-Gewindeformer Auf Stanzpressen Gewinde produktiv formen

Redakteur: Konrad Mücke |

Die ROLF HÄNGGI AG, Grenchen, formt Gewinde ab M0,8 in Stanz- und Biegeteilen mit dem Gewindeformer FETU von FIBRO prozesssicher und ohne zusätzliche Automation. Das System ist elektronisch gesteuert und somit flexibel an wechselnde Prozessparameter anpassbar.

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Auf Stanz- und Tiefziehpressen produktiv Gewinde formen: die Gewindeformer FETU von Fibro.
Auf Stanz- und Tiefziehpressen produktiv Gewinde formen: die Gewindeformer FETU von Fibro.
(Bild: Fibro GmbH)

Pascal Hänggi, CEO und Mitinhaber der ROLF HÄNGGI AG,beschreibt seine täglichen Herausforderungen: <<Unsere Kunden kommen oft mit Forderungen an der Grenze des Machbaren zu uns.» Sein im Jahr 1989 gegründetes Unternehmen gilt als renommierter Anbieter für Mikro-, Stanz- und Umformteile sowie daraus montierter Baugruppen. Aufträge erhält Hänggi von international agierenden Elektronikunternehmen, von der Schweizer Uhrenindustrie und aus der Medizintechnik.

Partner für Prozessentwicklung

Der Lohnfertiger in Grenchen entwickelt und konzipiert hochwertige Werkzeuge und Formen sowie richtungsweisende Fertigungstechnologien. Er ist Entwicklungspartner und Problemlöser. 45 qualifizierte Mitarbeiter produzieren in einer automatisierten Fertigung etwa 90 Werkzeuge und mehr als 15 Milliarden Präzisionsbauteile jährlich. Das Spektrum umfasst Leadframes für LEDs, mechanische Komponenten und Flexprints für die Consumer-Elektronik, miniaturisierte Zahnräder, Klammern und Federn für Uhrwerke sowie Komponenten und Filter für die Medizintechnik. Ihr besonderes Know-how nutzen die Grenchener insbesondere zum Herstellen von Miniaturbauteilen für die Unterhaltungs-, Büro- und Fahrzeugelektronik, die Medizintechnik und die Solarindustrie.

Speziell die Elektronikindustrie erwartet zunehmend kürzere Durchlaufzeiten sowie eine hohe Flexibilität für unterschiedliche Produktvarianten. Deshalb müssen Werkzeuge und Prozesse häufig innert kürzester Zeit modifiziert werden. «Schnelligkeit ist für uns ein entscheidendes Kriterium», unterstreicht Pascal Hänggi. «Wir sind immer wieder gefordert, grosse Mengen Bauteile in kurzer Zeit zu produzieren», ergänzt er. Schon früh hat das Unternehmen deshalb begonnen, seinen Werkzeugbau zu standardisieren. Somit können Werkzeuge zügig angepasst und modifiziert werden. Dennoch ist man offen für innovative Lösungen.

Präzision bei höchsten Hubgeschwindigkeiten

Für Hänggi erweist sich die elektronisch gesteuerte Gewindeformeinheit FETU von FIBRO mit ihrem modularen Konzept und ihren enormen Freiheitsgraden bei der Prozessgestaltung als besonders geeignet. Der Hersteller hat das Systemprogramm speziell zum integrierten Gewindeformen in Stanz- und Umformwerkzeugen, Stanz-Biegeautomaten, Vorrichtungen, Transferpressen und Automationsanlagen entwickelt. Ein hochdynamischer Servomotor, der über eine ausziehbare Gelenkwelle die Formeinheit antreibt, beschleunigt das Gewindeformwerkzeug innerhalb von nur 25 ms auf die vorgegebene Drehzahl. Das gewährleistet, dass das Formwerkzeug vor dem Eindringen in das Werkstück die maximal erreichbare Umformgeschwindigkeit erreicht. Somit kann das Umformwerkzeug auch die kalkulierte Hubgeschwindigkeit einhalten. Es formt das Gewinde bei gleichbleibenden Umformgeschwindigkeiten über 100 m/min. Dabei erreicht es lange Standzeiten. Das sorgt für kurze Taktzeiten, höchste Prozesssicherheit, kurze Rüstzeiten und eine hohe Energieeffizienz. Unabhängig vom Pressenhub werden die Gewinde stets unter optimalen Bedingungen eingebracht.

Mikrogewinde in hochfestem Stahl

Entwicklungsleiter Andreas Hänggi erachtet die Gewindeformeinheit FETU als entscheidend bei der Prozessentwicklung für besonders komplexe Stanz- und Umformteile. «Für uns war die Gewindeform­einheit ein echter Technologiesprung. Mit ihr lassen sich auch anspruchsvolle Bauteile aus hochfestem Stahl mit strengen Forderungen an Form- und Lagegenauigkeit sowie Oberflächengüte direkt im Umformwerkzeug mit Gewinden M0,8 x 0,2 versehen», hebt Andreas Hänggi hervor. Weder aus Zeit- noch aus Kostengründen sei es denkbar gewesen, den Prozess ausserhalb des Werkzeugs in einer separaten Automation zu realisieren. «Vorteil der elektrisch gesteuerten Gewindeformer ist, dass wir den Prozess sehr flexibel variieren können und dass die eigentliche Gewindeformeinheit sehr kompakt gebaut ist», erläutert Hänggi. «Je kleiner die Einheit wird, desto grösser ist unser Spielraum und desto flexibler werden wir», fügt er an. Da die Einheit von einem externen Servomotor angetrieben wird, entfallen aufwendige Aufbauten und Abstimmarbeiten am Werkzeug. Stattdessen wird der kompakte Kopf direkt in das Werkzeug montiert. Die übrigen Komponenten, wie der Servomotor oder ein optionales Winkelgetriebe, können ausserhalb platziert und über die Gelenkwelle mit dem Formerkopf verbunden werden. Zusätzlicher Vorteil ist die hohe Flexibilität. Durch Wechseln der Leitspindel und des Werkzeugs lässt sich die Gewindegrösse mit der frei programmierbaren Steuerung jederzeit variieren. Zudem kann anstelle des nicht spanenden Gewindeformers bei Bedarf auch ein Gewindebohrer eingesetzt werden.

Hohe Flexibilität

Um den Prozess zu optimieren, hat Andreas Hänggi gemeinsam mit Produktionsleiter Marc Maradan und dem Leiter Werkzeugmontage, Luc Marti, die komfortablen Möglichkeiten des Systems umfassend genutzt. So konnten im Rahmen der Prozessentwicklung die einzelnen Parameter, beispielsweise die Ein- und Ausfahrgeschwindigkeit des Formers oder dessen Drehzahl, flexibel variiert werden. Das gewährleistete, dass die Former nicht brechen oder vorzeitig verschleissen und dass das komplexe Bauteil mit seinen zahlreichen Biegungen, Bohrungen, Gewinden und Radien spannungsfrei bleibt. Prozessbedingt arbeitet die Gewindeform­einheit bei der ROLF HÄNGGI AG bei 100 Hub/Minute. Bis zu 180 Hub/Minute sind möglich. Eine hochgenaue Prozessüberwachung sorgt dafür, dass die Anlage im Falle eines Fehlers unverzüglich stoppt und in eine sichere Position fährt. Das vermeidet Schäden am Werkzeug. «Die Einheit kontrolliert selbst, ob der Prozess funktioniert. Zusätzlich überwachen wir mit einem induktiven Sensor, ob der Former vorhanden ist», erläutert Andreas Hänggi. Sämtliche Datensätze können ausgelesen und als QS-Protokoll zusammengefasst werden.

Einfache Inbetriebnahme

Die Inbetriebnahme und Programmierung des Systems an der mobilen Steuereinheit sei sehr einfach, berichtet Andreas Hänggi. Die für den jeweiligen Prozess erforderlichen Daten für Gewindedurchmesser, Gewindetiefe, Geschwindigkeit beim Ein- und Ausfahren sowie die Toleranzbreite der Prozessüberwachung gibt der Bediener einmalig ein. Sie werden als Datensatz gespeichert. Bei einem Werkzeugwechsel beziehungsweise bei einem Wechsel der Steuereinheit an eine andere Presse ruft der Bediener lediglich den passenden Datensatz auf, um die Presse für den vorgesehenen Prozess zu rüsten.

Speziell diese Flexibilität wissen Pascal und Andreas Hänggi zu schätzen. Mittlerweile haben die beiden mehrere Projekte mit der Gewindeformeinheit von Fibro realisiert. Sie konzipieren bereits weitere Anwendungen, beispielsweise zum parallelen Formen eines Gewindes M0,8 und eines zweiten M1 mit einem Mehrfach-Gewindeformer. «Hat man einmal investiert, nutzt man die Einheit automatisch auch bei kleineren Losgrössen von 20 000 bis 30 000 Bauteilen», betont Pascal Hänggi. Dass FIBRO speziell für kleinste Gewindegrössen eine Miniatureinheit entwickelt, die deutlich kompakter baut, kommt der ROLF HÄNGGI AG entgegen. Mit nur 30 mm Breite lässt sich der Miniatur-Gewindeformer auch in kleinste Werkzeuge integrieren. Dank der angebauten Miniaturmotoren ist er hinsichtlich seiner Leistung und Robustheit mit den grösseren Systemen vergleichbar. Die Miniatureinheit ist für Gewinde von M0,8 bis M3,5 geeignet. Mit ihr lassen sich Steigungen von 0,2 bis 0,6 mm realisieren. Mit den grossen Gewindeformern lassen sich Gewinde von M0,8 bis M24 herstellen. SMM

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