Losgrösse 1: Der Code stellt die Maschine ein Die Ideen wachsen mit der Sensorik
Die Möbelindustrie hat sich von der angebots- hin zur nachfrageorientierten Produktion entwickelt. Dabei zeichnen sich zwei Herausforderungen ab: automatisierte Losgrösse-1-Produktion für grosse Stückzahlen und ebenso Losgrösse-1-Produktion für hohe Varianz bei kleineren Stückzahlen.
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Die IMA Klessmann GmbH Holzbearbeitungssysteme bedient beide Anforderungen. «Unser Kerngeschäft ist die gleichzeitig wachsende Individualisierung und Automatisierung der Produktion. Dabei reicht das Spektrum von Standardmaschinen für 100 000 Euro bis zu Anlagen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich», erläutert IMA-Geschäftsführer Bernhard Berger. «Unsere Erfahrungen bei den grossen Industriekunden bezüglich Automatisierung setzen wir auch in Losgrösse-1-Projekten für kleinere und mittelgrosse Kunden ein.»
Performance.one-Anlage
Für die Kantenbearbeitung von Korpusteilen und Fronten hat sich IMA von Sick die Sensorik für eine Performance.one-Anlage auslegen lassen. «Wir haben uns das von Sick auslegen lassen und es passte. Uns war es dabei wichtig, nach Vorgaben des Kunden die Sensorik beziehungsweise in diesem Fall die Scannerauswahl zu treffen», erklärt Marcel Sulewski, Einkauf Teamleiter Elektro IMA Klessmann GmbH, die Vorgehensweise.
Die Herausforderung: Wann rechnet sich Losgrösse 1?
Der Anlagenbetreiber, ein Hersteller für hochwertige Design-Möbel, Schrank-Systeme, Türen und Küchen für anspruchsvolle Privatkundschaft, war auf der Suche nach einer Automatisierungslösung für die Bearbeitung kleiner Stückzahlen mit hoher Varianz. Die Anlage sollte in der Lage sein, unterschiedlichste Werkstücke zuverlässig zu detektieren und zu bearbeiten. «Bei klassischen Industriekunden ist es einfacher. Da habe ich immer die gleichen Werkstücke in grossen Stückzahlen», beschreibt Ulrich Sievers, Leiter Elektrische Konstruktion DLT / HTT, IMA Klessmann GmbH, die Ausgangslage. «Man kann die Sensorik, einen Scanner auf irgendwas einstellen und weiss, dass es läuft. Bei diesem Kunden mussten wir davon ausgehen, dass jedes Teil anders aussieht. Er macht mal Messebau, mal eine Küche, mal einen neuen Kleiderschrank. Insofern mussten die eingebauten Betriebsmittel flexibler sein.»
Bei der Performance.one handelt es sich um eine IMA-Lösung für kommissionsweise und Kleinserien-Fertigung. Die hochflexible Umlauf-Fertigungsanlage zum Formatieren, Kantenverleimen und Kantennachbearbeiten mit komplettem Rücklauf ist für flexible und mannarme Losgrösse-1-Fertigung konzipiert. Für die Werkstückidentifizierung und damit die Einstellung der Maschine empfahl sich in diesem Projekt kamerabasierte Codelesung. Diese zeichnet sich durch ihre Flexibilität bei der Auswahl der Codeart aus. Neben den 1D-Barcodes identifizieren diese Codeleser über verschiedene Bildverarbeitungsalgorithmen 2D-Codes, wie zum Beispiel die häufig verwendeten Datamatrix-, QR- oder Maxi-Codes sowie Klarschrift. Ein Wechsel von Barcodes zu 2D-Codes kann somit problemlos vollzogen werden.
Die Anlage optimiert auf eine Kamera
Bei jeder Identifikationsaufgabe stellt sich die Frage nach der optimalen Technologie. Die bestmögliche Lösung ist immer individuell auf die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Anwendung zugeschnitten. Im Beispiel der Performance.one war die Herausforderung die zuverlässige Identifikation eines kleinen Codes auf grosser Breite. «Normalerweise hätte man zwei Kameras setzen müssen, um diese Breite abzudecken», erläutert Ulrich Sievers. Stattdessen empfahl das Sick-Team den Einsatz eines kamerabasierten Codelesers Lector65x mit Spiegelhaube Panorama.
Die Spiegelhaube dient zur Verbreiterung des Sichtfeldes und wird zusammen mit dem Lector entweder für die Toplesung oder Seitenlesung montiert. In dieser Kombination dient der Lector zur automatischen, stationären Erfassung und Dekodierung von Codes auf bewegten Objekten. Sie ermöglicht ein circa 50 Prozent grösseres Sichtfeld bei gleicher Codeauflösung. «Hier ging es um Scan-Zuverlässigkeit. Das ist das, was immer wieder gefordert wird. Die Schwierigkeit bestand darin, einen kleinen Code auf einer grossen Breite zu lesen. Durch diese Panoramahaube haben wir die zweite Kamera gespart und das Sichtfeld einfach nur aufgeklappt», äussert sich Ulrich Sievert begeistert.
«Über den Code stellen wir die Produktionsparameter ein. Automatisch. «Weil ich (Werkstück) hier vorbeikomme, musst du (Maschinenteil) dieses und jenes mit mir machen. Das Bauteil wird automatisch erkannt. Es gibt unterschiedliche Plattenbreiten, unterschiedliche Oberflächen und unterschiedliche Konturen. Der Code stellt die Maschine ein. Das ist der Kernpunkt von Industrie 4.0», resümiert Ulrich Sievers.
Eine weitere Herausforderung für die Automatisierung der Anlage war die Anwesenheitskontrolle bezüglich der Werkstücke. Lichttaster nach dem Triangulationsprinzip gerieten hinsichtlich unterschiedlicher Dekors und glänzender Oberflächen der Furniere schnell an ihre Grenzen. Mit dem Distanzsensor Dx35 brachte Sick einen Joker ins Spiel, denn der Dx35 detektiert zuverlässig die Anwesenheit der vorbeikommenden Werkstücke und kann zudem die Werkstückbreiten messen.
Dx35 – flexibel messen oder schalten bis 35 m
Die auf HDDM-Technologie basierende Distanzsensor-Produktfamilie Dx35 vereint Zuverlässigkeit, Messfähigkeit, Flexibilität in einem kompakten Gehäuse. Je nach Applikation stehen Unterproduktfamilien für die Distanzmessung auf natürlichen Objekten (DT35 und DS35) oder auf Reflexionsfolie (DL35 und DR35) zur Verfügung. Zusätzlich unterscheiden sich die Unterproduktfamilien in ihrer Schnittstelle. Neben der IO-Link-Funktionalität, über die alle Geräte verfügen, bietet die Produktfamilie sowohl Sensoren mit Analog- und Schaltausgang (DT und DL) oder mit zwei Schaltausgängen (DS und DR). «Anspruchsvoller als eine Grossserienanlage», beschreibt Ulrich Sievers abschliessend und nicht ohne Stolz das Projekt. «Gemeinsam mit Sick haben wir hier dem Kunden eine Performance.one in Losgrösse 1 konzipiert», fügt er hinzu.
Produktions- und Logistikketten wachsen zusammen
Weil der Variabilitätsgrad in den Produktionsstrassen der Möbelhersteller immer weiter steigt und auf einer Fertigungslinie zunehmend mehr Varianten parallel gebaut werden, spielen Aspekte wie Transparenz und Rückverfolgbarkeit für Hersteller eine immer wichtigere Rolle. Vertikale Integration – das ist das Schlagwort für Track and Trace. Die Rückverfolgbarkeit von Produkten während komplexer Fertigungs- und Logistikprozesse steht hierbei im Vordergrund. Transparenter Materialfluss in der Produktion und Logistik ist erforderlich, damit Entscheidungen in der Produktion schneller getroffen werden können. Auch in der Auslieferung spielt der transparente Materialfluss, basierend auf intelligenter Sensorik, eine entscheidende Rolle.
Heute wird die Möbelherstellung idealerweise von hinten raus gesteuert – touroptimiert für die Auslieferung und den Aufbau der Möbel. Komplexe Möbelsysteme, wie beispielsweise Küchen, können über 100 Auftragspositionen enthalten. Diese sollten entsprechend der Aufbaulogik des Systems be- und entladen werden. Das funktioniert zum Beispiel über die Auslesung von Informationen, die bereits im QR-Code oder einem RFID-Transponder der Furniere angelegt sind. Innerhalb eines Unternehmens oder der Anlage eines Unternehmens lassen sich so durchgängige Informationsflüsse herstellen. -sbo- SMM
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