Automobilfertigung ohne Fliessband Smart Factory: Audis Autofabrik der Zukunft
Hat die Fliessbandfertigung in der Automobilbranche schon bald ausgedient? Zumindest wenn es nach Audi und deren Vorstellung einer intelligenten Fabrik der Zukunft geht, dürfte sie nur noch eine Nebenrolle spielen. Dominiert wird die «Smart Factory 2035» von Fertigungsinseln, welche flexibel und intelligent agieren und so jeden individuellen Wunsch des Käufers realisieren können.
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Update zur «Smart Factory 2035»
Vor drei Jahren präsentierte der Automobilhersteller Audi die «Smart Factory 2035»: eine Fabrik der Zukunft, ohne Fliessbänder, dafür mit modernen und flexiblen Fertigungsinseln. Zumindest teilweise haben die Ingolstädter ihre Vision bereits jetzt schon umgesetzt. Mit der neu eröffneten Fertigung von Elektromotoren bei Audi Ungarn in Györ präsentierte der Automobilhersteller nämlich ein völlig neues Produktionskonzept auf 8500 Quadratmetern: die modulare Montage. Produziert wird, wie in der Vision der «Smart Factory 2035», auf Fertigungsinseln. Der Teiletransport zwischen den Inseln geschieht mannlos. Fahrerlose Transportsysteme, welche von einem intelligenten IT-System gesteuert werden, versorgen die Inseln mit den benötigten Gütern. Pro Tag können so rund 400 elektrische Antriebe produziert werden – und das mit nur 100 Mitarbeitern.
Erste Einblicke in die moderne Motorenfertigung sowie in die «Smart Factory 2035» gibt es in der Bildergalerie:
Vision der «Smart Factory 2035»
Eine Werkhalle eines Automobilherstellers ohne Fliessbänder? Fast unvorstellbar. Seit Henry Ford am Anfang des 20. Jahrhunderts die Fliessbandfertigung perfektionierte, läuft praktisch kein modernes Autowerk ohne verkettete Fördersysteme. Die Vorteile liegen auf der Hand: kürzere Wege, platzsparende Bauweise, geringere Fertigungszeit – und somit eine Kostensenkung. Jahrzehnte lang hat das wunderbar funktioniert, auch heute noch. Eine Grossserie mit hohem Standardisierungsgrad wird man kaum effizienter fertigen können als nach Fords Idee. Doch in Zeiten immer grösser werdender Individualisierung hat das klassische Fliessband laut des deutschen Automobilherstellers Audi vielleicht schon bald ausgedient.
8059Grenzenlose Individualisierung
Früher war es einfacher. Das Ford Modell T gab es nur in einer Variante und alle waren schwarz. Heutzutage kennt die Individualisierung des eigenen Gefährts kaum Grenzen – und das hat auch Folgen für die Fertigung. Bereits mit der Wahl des Antriebs wird eine andere Herangehensweise nötig. Heute hat der Käufer die Wahl zwischen Verbrennungsmotor oder Elektroantrieb, bald vielleicht auch ein Brennstoffzellensystem. Ob ein weisser oder roter Lack, Ledersitze oder Alcantarabezug, Klimaautomatik und ein Premium-Sound-System, kein Auto ist wie ein anderes. Diese Freiheit für den Käufer bedeutet Arbeit für die Automobilhersteller und fordert eine flexible Fertigung. Die Idee von Audi, um dieser Problematik zu begegnen, sieht eine Art Smart Factory vor. Die schlauen Köpfe der Ingolstädter machten sich darum bereits frühzeitig Gedanken, wie die schlaue Fabrik im Jahr 2035 auszusehen hat. Die Arbeit wird nach Inhalten aufgeteilt, dies jeweils auf eigenen Kompetenzinseln, welche jede für sich eine Art Mini-Werkstatt darstellen. Ob Premium-SUV, der stylische City-Flitzer oder das Elektro-Cabriolet, jedes Fahrzeug geht seinen individuellen Weg durch die Fertigungshallen. Autonome, fahrerlose Transportsysteme fahren die Autos zu den unterschiedlichsten Baustufen. In der Karosseriebau-Insel kommen die nötigen Teile direkt aus dem 3D-Drucker. Eine Insel weiter baut ein Mitarbeiter mit der Hilfe eines Roboterkollegen die Antriebsaggregate ein. Auf einer weiteren Insel werden just-in-time die nötigen Teile für die Innenausstattung gefertigt, für welche sich der Käufer des Fahrzeugs erst Stunden zuvor final entschieden hat. Der Einbau folgt zugleich nach der Fertigung in derselben Mini-Werkstatt.
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Kontrolliertes Chaos
Von Aussen muss der Blick in die Fabrik der Zukunft nach Chaos pur aussehen. Wie Käfer schwirren die Transportsysteme scheinbar ohne Logik durch die weiten Hallen von Insel zu Insel. Fliegende Drohnen dienen als Schnelltransporter und bringen fehlende Einzelteile.
Chaos? Weit gefehlt, jeder Transportroboter und jede Drohne ist im ständigen Austausch mit den anderen Gefährten und dem Tower. Letzterer ist das Gehirn der Fabrik, die Big-Data-Zentrale, die den Überblick über alles behält. Der Tower weiss von jeder Maschine, jedem Roboter, jedem Transportsystem in Echtzeit, wo es sich befindet, was es gerade macht und was als Nächstes zu tun ist. Trotzdem ist jedes Gefährt für sich alleine verantwortlich und muss mitdenken. Das Transportsystem muss von sich aus wissen, wo es hin muss respektive darf. Braucht das Fahrzeug beispielsweise noch ein Lenkrad, ist diese Insel aber gerade belegt, wird die nächste Station abgefragt. Ist diese frei, werden zuerst die Sitze eingebaut, und danach geht’s «zurück» zum Lenkrad. Apropos Sitze: Diese sollen mit einem Bodyscanner zukünftig passgenau an den jeweiligen Fahrer angepasst werden. Die stundenlangen Fahrten in den Urlaub dürften zukünftig also ohne Rückenschmerzen überstanden werden.
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Mensch im Mittelpunkt
Wer nun befürchtet, die zukünftigen Werkhallen bei Audi seien menschenleer, der täuscht sich. Bei der ganzen Smart Factory ist der Mitarbeiter das Zünglein an der Waage. Hochqualifizierte Arbeiter werden zwar wo immer möglich von mechanischen Helfern unterstützt, in erster Hinsicht geht es aber dabei um die Entlastung der Menschen.
Der demografische Wandel macht nun leider auch vor den Automobilherstellern keinen Halt. Während der Roboter schraubt, schleppt und schweisst, wird der Mitarbeiter mehr planende und steuernde Tätigkeiten haben.
Big Data beherrschen
Noch ist der gesamte Smart-Factory-Gedanke Zukunftsmusik und zahlreiche Technologieschritte sind noch notwendig, bis eine solche Fabrik reibungslos funktionieren würde. Eine zentrale Bedeutung fällt der Beherrschung der grossen Datenmengen zu. Bereits heute dokumentiert bei Audi jede Schrauberstation mit einem Gigabyte Daten, dass auch wirklich jede Schraube korrekt angezogen wurde. Wenn erstmals alle Maschinen mit dieser Intelligenz ausgerüstet sind und miteinander kommunizieren, vervielfachen sich diese Datenmengen um das x-Fache. Der Tower müsste diese gewaltige Menge in Echtzeit verarbeiten können, ansonsten wäre das Chaos in der Fabrik perfekt. Ein solcher Supercomputer, der all das zu Stande brächte, wurde noch nicht einmal erfunden.
Auch die Robotik muss noch einen Schritt vorwärts machen. Erste kollaborierende Roboter nehmen zwar langsam Einzug in die Fabrikhallen, dennoch werden noch einige Jahre vergehen, bis auch diese die nötige Feinmotorik und Intelligenz besitzen werden, um im grossen Stile gefahrlos mit dem Menschen zusammenarbeiten zu können. Eines steht aber bereits jetzt fest: Die Fabrik der Zukunft wird und muss kommen, nur so bleibt die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt, und die zahlreichen, immer mehr werdenden individuellen Wünsche können erfüllt werden. <<
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