Globalisierte Fertigung, teure Automation Trump zum Trotz – Automationsboom in Mexiko
Wer die mexikanische Region «Bajío» besucht, findet ein blühendes Ökosystem der Autoindustrie vor. Automation und Fertigung boomen, trotz der angedrohten Strafzölle des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.
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Als Donald Trump im November 2016 zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, kürzte Sean Patton die Verkaufsprognosen seines Unternehmens für das Jahr 2017. Trump hatte gerade seinen Wählern versprochen, Arbeitsplätze in die USA zurückzuholen. Patton ist Leiter der Geschäftsentwicklung von Genesis-ICESA Systems, einem Roboter und Systemintegrator für Automationstechnik aus der Bajío-Region im mexikanischen Flachland. Das Unternehmen ist Teil des US-amerikanischen Unternehmens Genesis Systems Group aus Davenport. Sie beliefern die aufstrebende mexikanische Autoindustrie und exportieren im grossen Stil in die Vereinigten Staaten.
Gutes Jahr für die Robotikindustrie
Nach einem halben Jahr Trump waren Pattons Befürchtungen unbegründet: Die mexikanische Industrie erwartet für das Jahr 2017 ihr achtes Rekordjahr in Folge für Produktion und Export. Um noch wettbewerbsfähiger gegenüber der weltweiten Konkurrenz zu werden, investiert die lokale Autoindustrie viel in die Automation. Davon profitiert wiederum Genesis. Das 1974 gegründete Familienunternehmen verzeichnet seit Anfang Jahr eine Verdopplung der Bestelleingänge. Wahrscheinlich das beste Verkaufsjahr in der Geschichte der Firma. «Es wird ein sehr gutes Jahr für die Robotikindustrie», stellt Patton den positiven Verlauf für die gesamte Branche in Aussicht. So wie die US-Hersteller vermehrt in Automation und Robotik investieren, so tun es ihnen nämlich die Unternehmen in Mexiko gleich. Der Bau von «Smart Factories» wird auch auf der anderen Seite der texanischen Grenzen weiterbetrieben. Die Unternehmensberater der Boston Consulting Group (BCG) prognostizieren für Mexiko einen Automatisierungsgrad von 30 Prozent bis ins Jahr 2025. Im Vergleich: Weltweit soll dieser zum gleichen Zeitpunkt 25 Prozent betragen. China, Japan und die USA automatisieren jedoch in einem noch schnelleren Tempo. BCG prognostiziert für diese Länder einen Aufgabenanteil für Roboter in der Produktion auf bis zu 45 Prozent. Stark zu diesem Anstieg trägt die Automobilbranche bei.
Vier von fünf Autos gehen in die USA
Mexiko ist der sechstgrösste Autoproduzent weltweit. Im Land stehen zwei Dutzend Autofabriken. In den letzten Jahren wurden im südlichsten Teil des nordamerikanischen Festlands sogar die meisten Autofabriken eingeweiht. Durch die Neueröffnungen und den Automationsboom profitieren wiederum die Systemintegratoren für Robotertechnik. Sie entwerfen für andere Firmen automatisierte Arbeitsstationen und stellen diese auch her. Genesis-Kunden sind die Zulieferfirmen dieser Autofabriken, die Autoteile für die namhaften Automarken herstellen. Die meisten Produkte, die in Mexiko gefertigt werden, gehen wiederum in die Vereinigten Staaten. Vier von fünf in Mexiko hergestellten Autos werden in den USA verkauft.
Die automatisierten Arbeitsstationen werden im Fachjargon auch als Zellen bezeichnet, weil in einem in sich geschlossenen Bereich Roboter spezifische Aufgaben ausführen. Ohne Pausen und ohne zu ermüden verrichten sie monotone oder gefährliche Arbeitsschritte. Das kann von Schrauben in ein Autoteil eindrehen über Kopfstützen halten beim Schweissvorgang alles Mögliche sein. Dabei sind die Roboterzellen entweder ein in sich geschlossenes System oder einzelne «Akteure» entlang der Fertigungskette. Die Systemintegratoren für Automationstechnik nutzen dabei die Roboter von namhaften Firmen wie Fanuc oder .
Einer dieser Autozulieferbetriebe in der mexikanischen Automobilbranche ist die Firma Geni de México S.A. Sie gehört zur deutschen Gedia Gebrüder Dingerkus GmbH, die Strukturteile und Chassis-Komponenten für den automobilen Karosserieleichtbau für Nissan oder Volkswagen herstellt. Geni hat für seine Fabrik in Publa eine zweistufige Arbeitsstation bestellt. Bevor die Roboter nach Publa abtransportiert werden, werden sie bei Genesis getestet. Diese Arbeit führt Leopold Ortiz aus, welcher Ingenieur bei Geni ist. Die bestellte Maschine setzt im ersten Schritt Bolzen in ein Aluminium-Autoteil ein und verschweisst ihn anschliessend. Danach wird der Halt der Bolzen überprüft, ob die Teile auch richtig sitzen. Die Arbeitsstation soll die menschliche Fehlerquote verkleinern, sagt Ortiz: «Wir müssen effizienter werden. Wenn du mehr Leute hast, steigt das Fehlerrisiko.» Die Kehrseite der «Vollautomaten»: Durch die Automation fallen neue Jobs weg.
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