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SMM Innovationsforum Fertigung 2018 Die Kritik eines Einzelnen ist mehr wert als das Lob Hunderter
Das zweite SMM Innovationsforum Fertigung 2018 war nicht nur wegen der zahlreichen interessierten Fachbesuchern ein voller Erfolg, sondern auch wegen der vorgestellten Innovationen, die auf grosses Interesse stiessen. Im nachfolgenden Artikel finden Sie eine kurze Zusammenfassung.
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Innovationen können eine Gesellschaft voranbringen, aber sie erfordern und bringen auch Veränderungen. Das kann im Grossen so sein aber auch bei kleinen Details. Zur Begrüssung zum 2. SMM Innovationsforum Fertigung am 14. November in Luzern forderte Dr. Heiko Visarius die Besucher auf:«an althergebrachten Wahrheiten zu rütteln, vielleicht gibt es ja bessere.»
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Fertigungsindustrie – Event-Rückblick
Von anwendungsorientierter Spanntechnik und prozesssicherem Fräsen
Das Thema Miniaturisierung spielt in der zerspanenden Fertigung eine grosse Rolle. So müssen beispielsweise Spannfutter immer kleiner, präziser und leistungsfähiger werden. Mit der konventionellen Fertigung sind diese Anforderungen aber kaum mehr zu realisieren. Das wurde auch den Zerspanungsspezialisten bei Mapal bewusst, weshalb diese neue Wege zur Produktionsoptimierung suchten, erläutert Produktmanager Jochen Schmidt anlässlich seines Beitrags am InnovationsForum. Fündig wurden die Ingenieure in der hybriden Fertigung, also der Kombination aus konventioneller und additiver Fertigung. Entstanden ist ein Hydrodehnspannfutter ohne limitierende Lötverbindung, da die Dehnbuchse direkt eingedruckt wird. Dank der additiven Fertigung ist es zudem gelungen, die Spannfutter mit dezentralen Kühlmittelaustritten auszustatten. Über Parameter wie Kühlmitteldruck, Einstellmass und Drehzahl sind diese Austritte so ausgelegt, dass sie den Kühlschmierstoff gezielt an die Wirkstelle befördern. Zudem ist einfaches und schnelles Spannen des Werkzeugs ohne hohe Rüstkosten oder teure Peripheriegeräte sichergestellt. Denn: Die Hydrodehnspannfutter werden über eine einfache Schraube betätigt.
Auch der Vortrag von Alberto Gotti, Entwicklungsleiter von Mikron Tool, handelte um die Miniaturisierung. Genauer gesagt um die effiziente und prozesssichere Zerspanung von Titan am Beispiel eines Knochenimplantats mit einer neuen Fräserserie. Das robuste Material ist zwar biokompatibel und leicht, aber auch sehr schwierig zu bearbeiten – geeignete Werkzeuge für eine sichere Bearbeitung sind, vor allem in kleinen Durchmessern, daher schwierig zu finden.
«Nur ein optimal gestalteter Prozess führt zu besseren Resultaten. Dies betrifft die Maschine, Spannmittel, Werkzeuge und die dazu gehörigen Parameter», so Alberto Gotti. «Für uns als Werkzeughersteller steht zwar das Werkzeug im Mittelpunkt, doch wir beziehen alle diese Faktoren in die Entwicklung ein. Der Fokus bei der Entwicklung der neuen Fräser für Titan und Inox lag auf einer guten, im Werkzeug integrierten Kühlung. Nur diese ist in der Lage, in jeder Position immer maximale Leistung am richtigen Ort zu bringen.» Im konkreten Einsatz, in diesem Fall mit einem Bearbeitungszentrum von DMG Mori Seiki, zeigte sich, ob die erzielten Resultate gegenüber dem Einsatz von konventionellen Werkzeugen den Erwartungen entsprachen. Tatsächlich schaffte es das Team, mit der Kombination Werkzeug, Frässtrategie und Einsatzparater die Bearbeitungszeit von 75 auf 35 min zu reduzieren.
Industrie 4.0 und Digitalisierung
Dem Thema Industrie 4.0 und Feinbohren nahm sich Marco Siragna, Product Manager bei Big Kaiser, an. Im Zuge der vierten industriellen Revolution hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, neben der Mechanisierung und Automatisation auf die Digitalisierung zu setzen. Mit dem EWE, dem weltweit ersten Feinbohrkopf mit Funkverbindung, ist es Big Kaiser gelungen in die digitale Welt einzutauchen. Der zu 100 Prozent in der Schweiz entwickelte und produzierte EWE gehört zur 4. Generation der neuen Feinbohrköpfe, welche einen Bearbeitungsbereich von 0,4 – 3000 mm abdecken. Im Vergleich zur 1. Generation zeichnen sich diese durch eine digitale Anzeige, die verbaute Piezo-Technologie und die Verbindung zur Big Kaiser App aus. Mittels innovativer App können Schnittwerte, Werkzeugeinstellungen und Produktdokumentationen direkt auf verschiedenen Geräten abgebildet werden. Die präzise Zustellung mit einer Auflösung von 1 μm ist neben der Verringerung von Bedienungsfehler nur eine der vielen Vorteile, welche Big Kaisers Schritte in die digitale Zukunft mit sich bringen. Dass das Unternhemen die richtigen Schritte geht, zeigt auch die Auszeichnung des Prodex Awards, welchen das Unternehmen im Jahr 2016 für den EWE erhalten hat.
Industrie 4.0 lebt auch der Zerspanungsspezialist Walter, wie die Experten für Digital Manufacturing, Florian Böpple und Peter Sautter, anlässlich ihres Vortrags erläuterten. Um die Bauteilbearbeitungen zu optimieren, setzt das Unternehmen nämlich auf ein Portfolio von digitalen Komponenten, um Geräte im Fertigungsumfeld zu vernetzen um dadurch die generierten Maschinen-, Werkzeug- und Prozess-Daten umfassend zu analysieren. So unterstützt Walter seine Kunden von der Planung bis zum fertigen Bauteil mit digitalen Lösungen. Angefangen mit Walter GPS, um das richtige Werkzeug für die individuelle Bearbeitung zu finden, über die 3D-Daten des Werkzeugs und dem Walter ToolShop, um das Werkzeug zu bestellen. Im Bereich der Maschinendaten und deren Auswertung arbeitet Walter mit seinem Entwicklungspartner für digitale Fertigungslösungen, Comara, zusammen. So wird der Anwender mit Comara iCut und appCom unterstützt. iCut ist eine Software für CNC-Maschinen zur automatischen, adaptiven Regelung des Vorschubs der Maschine. Der Anwender muss lediglich den Rahmen setzen. Den Rest der Optimierung übernimmt die Software. Comara appCom ist eine Anwendungsplattform, welche Maschinendaten ausliest und speichert und mit der komplette Bearbeitungsabläufe in Echtzeit abgebildet werden. Das Ziel ist Transparenz, die möglichst lückenlose Überwachung des Zerspanungsprozesses.
Flexible Spannsysteme und die rotierende Intelligenz
«Spannmittel sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Werkstück und Maschine. Die Wahl des richtigen Spannmittels bestimmt massgeblich die Rüst- und Bearbeitungszeit, sowie die Produktqualität» erläutert Markus Michelberger, Vertriebsleiter bei Schunk, anlässlich seines Referats. Alle sprechen zwar von der flexiblen und anpassungsfähigen Fertigung, doch um diese für immer wechselnde Aufgaben fit zu machen, gilt es auch die Maschine mit der entsprechenden Spanntechnik auszurüsten. Das Nullpunktspannsystem stelle unumstritten die Basis für den schnellen Rüstvorgang dar und sei heutzutage ein muss auf jeder Fräsmaschine, erklärte der Spezialist von Schunk. Oft rechne sich die Investition schon nach weniger als 12 Monaten. Eine Variante sei beispielsweise der Vero-S Spanntechnikbaukasten: Damit ergeben sich über 1000 sinnvolle Kombinationsmöglichkeiten. Anwender hätten so für jede Spannaufgabe das passende Spannmittel: von Losgrösse 1 bis zur Serienproduktion.
Durch Intelligenz, oder Industrie 4.0, kann die Lebensdauer einer Hochleistungsmotorspindel erhöht werden, der Werkzeugverschleiss reduziert sowie das Resultat beim Werkstück hinsichtlich Präzision und Prozesszeit optimiert werden. So das Fazit von Holger Erhardt, Head of R&D TU Milling bei GF Machining Solutions. Die Firma Step-Tec, ein Unternehmen der GF Machining Solutions, geht diesen Weg mit grosser Konsequenz und gewährte einen praktischen Einblick. Verschleiss, alterungsbedingte Schäden und Überlastung sind die Hauptursachen für Spindelversagen. Eine Echtzeit-Zustandsüberwachung vergleicht den Ist-Zustand mit wissensbasiertem Soll-Verhalten. Je nach Situation wird entweder eine SPS-Warnung oder eine SPS-Fehlermeldung mit Produktionsstopp ausgelöst. Die konventionelle Instandsetzung erfolgt erst nach Eintreten eines Schadens. Dies führt zum unerwarteten Kapazitätsausfall der Maschine und hohen Instandhaltungskosten. Mit einer zustandsorientierten Überwachung der Maschine und ihrer Komponenten wird eine Vorhersage über den Spindelzustand ermöglicht. Das Smart-Modul SPS ermöglicht die Echtzeit-Inspektion und trägt zur effektiven Wartung und effizienten Instandsetzung bei, ungeplante Maschinenstillstände können so dank der präventiven Diagnose minimiert werden.
Haimer 4.0, alles aus einer Hand und 3D-Druck von A bis Z
Die Haimer Gruppe hat sich in den letzten Jahren zum Systemanbieter für Tool Management rund um die Werkzeugmaschine entwickelt, erklärt Tobias Völker in seinem Vortrag. Das durchgängige Programm reicht mittlerweile von verschiedensten Werkzeugaufnahmen, Schrumpf- und Auswuchttechnik, Werkzeugvoreinstellgeräten bis hin zu Hartmetallwerkzeugen. Um grösstmöglichen Nutzen aus der Digitalisierung im Zerspanungsumfeld zu ziehen, ist die Netzwerkfähigkeit der Schrumpf-, Wucht- und Werkzeugvoreinstellgeräte von grosser Bedeutung. Die Maschinen müssen nicht nur mit den Werkzeugen kommunizieren, sie müssen auch mit externen Werkzeugverwaltungssystemen im Kundennetzwerk oder in Clouds wichtige Daten austauschen können. Dazu gehört beispielsweise, dass sie in der Lage sind, die Soll-Daten für die notwendige Voreinstellung zu empfangen und nach dem Einstell- oder Wuchtvorgang die jeweiligen Ist-Daten an übergeordnete Systeme oder RFID Technologie zu übertragen. Für den bidirektionalen Austausch zwischen allen Haimer-Produkten, dem CAD/CAM System, der Werkzeugmaschine und entsprechenden Datenspeichern sorgt der H Data Analyzer & Controller, der einen kompletten Prozessablauf für die Werkzeugverwaltung durch Scan und Click aber ganz ohne manuelle Eingabe managt.
Den Abschluss der Veranstaltung bildeten Richard Mink von Chiron und Jean-Luc Emery, Portfolio Developer bei Siemens PLM. Ersterer erzählte den Besuchern des InnovationsForums von Chirons Turnkey-Lösungen. Der Maschinenhersteller entwickle, fertige und verkaufe nicht nur CNC-Maschinen höchster Qualität, sondern stelle ein Gesamtpaket aus Bearbeitungszentrum, Werkzeugen und Modulen zur Automation zusammen – bis hin zum programmierten Fertigungsprozess. Eine massgeschneiderte, wirtschaftliche Lösung aus einer Hand ist die Folge.
Der Vertreter von Siemens PLM gab als Schlusspunkt einen spannenden Einblick in die Welt des 3D-Drucks – von Risiken und Chancen bis hin zu fertigen Produkten und der Serienfertigung. Die additive Fertigung revolutioniert den Maschinenbau, was auch grosse Auswirkungen auf die IT-Tools hat. Für den Hersteller eines PLM-Systems bedeutet das Anpassungen in allen Bereichen: die Konstruktion mit CAD-Systemen, das Engineering über Computer Aided Engineering (CAE) und die Fertigung mithilfe von Computer Aided Manufacturing, das Manufacturing Operations Management (MOM) und Manufacturing Execution System (MES). Ausserdem stand das Wechselspiel zwischen Konstruktion, Fertigung und CAE im Fokus des Vortrages.
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