InnovationsForum Fertigung Effiziente Titan-Zerspanung
Wer neue Lösungen bei der Bearbeitung von Titan sucht, dem geht es oft um kürzere Produktionszeiten, um höhere Prozesssicherheit und Standzeit der Werkzeuge. Kurz: um eine Reduktion der Herstellungskosten. Denn Titan bereitet nach wie vor vielen Anwendern Kopfzerbrechen.
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In der Medizintechnik kommt bei der Herstellung von Implantaten keiner an der Verwendung von Titan vorbei, denn dieser Werkstoff verfügt über alle hierfür notwendigen Eigenschaften: Biokompatibilität, Resistenz gegen Korrosion und Säuren und geringes Gewicht im Verhältnis zur hohen Festigkeit.
Doch Titan hat noch ein anderes Gesicht. Verschiedene Faktoren machen ihn zu einem schwer zerspanbaren Werkstoff: Hohe Schnittgeschwindigkeiten sind schwierig zu erreichen, denn das zäh-elastische Verhalten macht hohe Schneidkräfte erforderlich. Durch die schlechte Wärmeleitfähigkeit überhitzen sich die Schneiden schnell, es besteht ein hohes Risiko zu Kaltverfestigung und zur Bildung von Aufbauschneiden. Ein Kantenausbruch ist die Folge, das Werkzeug muss vorzeitig ersetzt werden. So kann kaum eine gute Prozesssicherheit erreicht werden.
Aus diesen Gründen ist es schwierig, ein wirklich geeignetes Werkzeug zu finden, vor allem wenn es um kleine Dimensionen geht. Denn hier ist eine Kühlung des Fräsprozesses normalerweise von aussen vorgesehen und damit nicht effizient genug, um eine Erhitzung in der Fräszone zu verhindern. In der Regel muss mit reduzierten Geschwindigkeiten und Zustellungen gearbeitet werden, was den Bearbeitungsprozess erheblich verlängert und die Schneidecken strapaziert – die ganze Belastung liegt in diesem Bereich. Die Standzeit leidet.
«Nur ein optimal gestalteter Prozess kann zu besseren Resultaten führen. Dies betrifft die Maschine, die Spannmittel, die Werkzeuge und auch die dazugehörigen Parameter», so Alberto Gotti, der Entwicklungsleiter bei Mikron Tool. «Für uns als Werkzeughersteller steht zwar das geeignete Werkzeug im Mittelpunkt, doch wir beziehen immer alle Faktoren in die Entwicklung ein. Nur so können wir unseren Kunden die wirklich beste Lösung weitergeben.»
Die Kühlung steht im Zentrum
Hartmetall, Beschichtung und Geometrie sind ohne Zweifel drei wichtige Faktoren, die immer auf das zu bearbeitende Material abgestimmt werden müssen. Doch schnell konzentrierten sich die Entwickler bei Mikron Tool auf das Thema Kühlung. Ihnen war klar, dass der Erfolg davon abhängt, eine Überhitzung des Werkzeuges von Anfang an zu verhindern und den Kühlprozess so konstant wie möglich zu gestalten. «Dazu ist nur eine im Werkzeug integrierte Kühlung fähig», sagt Alberto Gotti. «Jede Kühlung von aussen wird je nach Fräsposition
immer wieder unterbrochen, vor allem beim Fräsen von engen Taschen oder Nuten. Und jede Unterbrechung ist für den Fräser eine riesige Belastung.»
Die Lösung brachte eine im Schaft integrierte Kühlung. Drei bis fünf Kühlkanäle treten eng am Konus aus und sind im Verhältnis zum Werkzeugdurchmesser immer möglichst gross gehalten. Denn die Durchflussmenge ist entscheidend für die Qualität der Kühlung. So genügt ein Druck ab 30 Bar für eine optimale Bearbeitung, auch bei kleinen Durchmessern unter 1 mm.
Crazy-Werkzeuge im Einsatz
Erst im konkreten Einsatz zeigt sich jedoch, was die theoretischen Überlegungen in der Realität wert sind und ob die Fräser ihren «crazy» Namen (CrazyMill Cool) auch verdienen. Klar ist, dass gewisse minimale Anforderungen vor allem beim Verwenden von kleinen Werkzeugen einzuhalten sind. Kein Problem beim Bearbeitungszentrum von DMG Mori Seiki (Milltap 700), welches mit innengekühlten Spindeln ausgerüstet ist, deren maximaler Druck von 40 Bar sowie deren Drehzahl von 24 000 U/min auf jeden Fall ausreichend sind für die «crazy» Kleinfräser.
«Fast und soft»-Bearbeitung nennt Alberto
Gotti die effiziente Frässtrategie: Eine hohe Schnittgeschwindigkeit steht hier einem gemässigten Vorschub gegenüber, eine hohe axiale Zustellung ap einer moderaten radialen Zustellung ae. «Wir können dank der intensiven integrierten Kühlung eine hohe Schnittgeschwindigkeit einsetzen. Ausserdem nutzen wir die volle Schnittlänge des Fräsers für die axiale Zustellung. Bei der seitlichen hingegen mussten wir uns anhand von Versuchen an den maximalen Punkt herantasten, wo noch keine zu hohe Belastung entsteht.»
Die einzelnen Prozessschritte und die Auswahl der am besten geeigneten Werkzeuge wurden sorgfältig geplant. So wurden in 14 Operationen insgesamt 12 Werkzeuge eingesetzt.
Gestartet wurde mit einem 8 mm Vollradiusfräser für das erste Schruppen und Vorschlichten. Für die Bohroperationen wurden ebenfalls Werkzeuge mit Innenkühlung verwendet, was erlaubte, mit maximalen Schnittgeschwindigkeiten zu arbeiten. In nur 1 Minute 44 Sekunden waren die Gewinde angebracht. Den Abschluss machten ein Vollradiusfräser mit Durchmesser 0,8 mm und zwei torische Fräser mit Durchmesser 1,5 und 0,8 mm.
Mit einer gesamten Bearbeitungszeit von etwas mehr als 35 Minuten war das Team dann zufrieden. Die neuen Fräser arbeiten gleichzeitig schnell, prozesssicherer und erreichen zudem eine hervorragende Oberflächenqualität. SMM
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