Industrie-Informatik: MES für transparente Fertigung MES ebnet Weg zur Smart Factory

Redakteur: Konrad Mücke |

Der Gartengerätehersteller Stihl Tirol – vormals Viking – erfasst seit Kurzem Fertigungsdaten mit einer ausgereiften Software. Damit verfügt er über eine Vielzahl an Informationen über die produzierten Geräte und verwirklicht erfolgreich einen wesentlichen Schritt zur Smart Factory.

Anbieter zum Thema

Eine flexible, ausgereifte Maschinen- und Betriebsdatenerfassung unterstützt 600 Fachkräfte, an aktuell 23 Montagelinien hochwertige Garten- und Forstgeräte wirtschaftlich produzieren zu können.
Eine flexible, ausgereifte Maschinen- und Betriebsdatenerfassung unterstützt 600 Fachkräfte, an aktuell 23 Montagelinien hochwertige Garten- und Forstgeräte wirtschaftlich produzieren zu können.
(Bild: AlexX Gretter/Stihl Tirol)

Menschen auf der ganzen Welt verbinden mit dem orangefarbenen Markenlogo des Herstellers Stihl motorbetriebene Garten- und Forstgeräte. Seit dem Jahr 1981 produziert die Stihl Tirol GmbH – ehemals als Viking firmiert – Rasenmäher, Mähroboter, Aufsitzmäher und Garten-Häcksler auf aktuell 23 Montagelinien mit etwa 600 Mitarbeitenden. Erst kürzlich hat das Unternehmen den Standort deutlich erweitert. Um auch künftig erfolgreich in Österreich produzieren zu können, hat man zudem in die Digitalisierung der Fertigung investiert. Mit dem Softwaresystem cronetwork MES gelingt es, Fertigungsfortschritte zu visualisieren, Einzelteile in der Fertigung zurückzuverfolgen und die Daten zur Qualitätssicherung lückenlos zu erfassen.

SMM Innovationsforum Automation 2019
Bildergalerie mit 69 Bildern

Passende Software finden

Dipl.-Ing. (FH) Harald Ganster ist als Abteilungsreferent für die Shopfloor-IT bei Stihl Tirol unter anderem für alle fertigungsnahen Hard- und Softwaresysteme verantwortlich. Er beschreibt die seinerzeitigen Forderungen seines Unternehmens an ein System zum Erfassen von Maschinendaten (MES): «Ziel war, unsere Fertigungsprozesse so zu optimieren, dass automatisch umfangreiche Informationen zu den produzierten Geräten erfasst werden. Zudem wollten wir mehr Transparenz für weitere Optimierungen verwirklichen. Bei 23 Montagelinien und hoher Produktdiversifikation ist es weiter notwendig, dass ein MES flexibel an die Gegebenheiten in der Fertigung anpassbar ist. Wir setzten damals auf eine Lösung, die diesen und anderen Anforderungen nicht gerecht wurde. So gingen wir erneut auf die Suche.» Beim oberösterreichischen Softwareanbieter Industrie Informatik GmbH fand man die richtigen Partner und Lösungen. Harald Ganster erläutert die Entscheidung: «Industrie Informatik überzeugte allen voran mit uneingeschränkter Konnektivität innerhalb der Systemlandschaft – einschliesslich einer zertifizierten SAP-Standardschnittstelle und QlikView-Connector. Darüber hinaus waren wir von der umfassenden Parametrierbarkeit innerhalb des Standards von cronetwork MES überzeugt. Wegen dieser Flexibilität haben wir uns für dieses System entschieden.»

Prozessdaten erfassen

Im Jahr 2016 startete der Gerätehersteller das Softwaresystem an 2 von 23 seiner Montagelinien. Anschliessend erweiterte er Schritt für Schritt. In der Praxis waren einige kleinere Optimierungen zu verwirklichen. Das gelang beim Erweitern des Softwaresystems auf die gesamte Produktion. «An den Montagebändern assemblieren wir in Gruppenarbeit unsere Geräte aus mehreren Komponenten. Die MES-Software cronetwork unterstützt uns beim Erfassen und Verarbeiten wichtiger Prozessdaten. Ein gutes Beispiel dafür sind Drehmomentwerte, mit denen ein Messer am Rasenmäher befestigt wird. Einerseits kontrollieren wir schon am Arbeitsplatz die korrekte Assemblierung und andererseits sind wir gegenüber unseren Kunden jederzeit auskunftsfähig über wichtige Fertigungsparameter», beschreibt Harald Ganster den Nutzen der Prozessdatenerfassung. Einzelteile lassen sich durchgängig zurückverfolgen. Innerhalb einiger Monate ergaben sich weitere Möglichkeiten, die gesammelten Informationen sinnvoll zu nutzen. Beispielsweise bei Akkugeräten werden inzwischen Seriennummern von Akku, Ladegerät und Maschine miteinander kombiniert. Das sorgt beim Gerätehersteller in Tirol für eine umfassende Transparenz aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Selbstverständlich profitiert das Unternehmen auch von den klassischen Vorteilen der Maschinen- und Betriebsdatenerfassung cronetwork. Dank der automatischen Mengenzählung inklusive Rückmeldung an SAP verfügen die Vorarbeiter und die Mitarbeiter an den Montagelinien über den nötigen Weitblick für Optimierungen. So konnten beispielsweise die zwischengelagerten Bestände an Roh- und Normteilen an den Montagelinien minimiert werden. Dennoch stehen heute Normelemente und Bauteile jederzeit am richtigen Ort in den erforderlichen Mengen zur Verfügung.

Automatisch melden

Harald Ganster führt weiter aus: «Für uns war es auch wichtig, unsere Vorarbeiter weitgehend von der manuellen Terminalbedienung zu entbinden und Zeit und Raum für ihre Kernaufgaben zu schaffen. So meldet heute die Montagelinie automatisch eine Störung, das manuelle Melden entfällt. Der Mitarbeiter kann bereits die Ursachen für die Störung suchen und mit dem Instandsetzen beginnen. Auch das Ende eines aktuellen Auftrags meldet das Softwaresystem und informiert über den Folgeauftrag. Die Montagelinie stellt auf Rüsten um. Sie wechselt erst wieder den Status, wenn das erste Gerät des Folgeauftrags verpackt ist. Der Mitarbeiter kümmert sich in dieser Zeit voll und ganz um seine Kernaufgaben, wie Rüsten und Fortführen der Montagearbeiten.»

Umfassend transparent

Von der Transparenz durch das Erfassen von Maschinen-, Betriebs- und Prozessdaten profitieren neben dem Management auch die Fachkräfte auf Werkstattebene. Ihre Informationen erhalten sie über Bildschirme – sogenannte Andon-Boards – an jeder Montagelinie. Dazu sagt Harald Ganster: «Ehemals bestanden die Informationen aus einem Konglomerat aus sechs unterschiedlichen Quellen und waren meist veraltet. Dank der MES-Software cronetwork können wir individuelle Dashboards generieren und Informationen gesammelt nahezu in Echtzeit bereitstellen.» Dank Informationen zum Auftragsfortschritt, zum Folgeauftrag, zu stündlicher Produktivität, zu Soll- und Ist-Mengen können sich die Fachkräfte auf das Rüsten und das Beschaffen von Rohteilen und weiteren Bauteilen vorbereiten. Das verkürzt die Rüstzeiten. Zudem haben die Montagemitarbeiter auch ihre aktuelle Leistungskennzahl je Montagelinie im Auge. Diese beeinflusst die individuelle Berechnung der Boni. Sie basiert vollständig auf Daten des MES-Systems. Folglich achten die Mitarbeiter auf die Produktivität, aber auch auf die Qualität. Das Management nutzt die Informationen aus der Maschinen- und Betriebsdaten­erfassung vor allem für Auswertungen und regelmässige Reports über unterschiedliche Zeitintervalle.

Qualitätsdaten integriert

Um die hohe Qualität der hochwertigen Forst- und Gartengeräte gewährleisten zu können, sollten auch umfangreiche Qualitätsdaten erfasst und dokumentiert werden. Auch dies sollte das MES-System leisten. «In der Standardversion erfüllte die Software cronetwork Standard schon weitgehend unsere Forderungen. Zum Erfassen der Qualitätsdaten musste die Software allerdings noch weiterentwickelt werden. Wir selbst haben von Entwicklungen für andere Anwender profitiert, die später in die Standardversion eingeflossen sind. Deshalb fiel es uns leicht, über den Standard hinaus in eine individuelle Entwicklung zu investieren. Die Zusammenarbeit in der Community zu allseitigem Nutzen hat uns überzeugt», berichtet Harald Ganster.

Vorgaben für Prüfungen anzulegen und abzuarbeiten gehört inzwischen zu den Leistungen der MES-Software. Je Auftrag und Arbeitsschicht wird per Zufallsprinzip ein Gerät entnommen und im internen «Produkt-Audit» geprüft. Funktionale, optische, sicherheitstechnische und weitere Aspekte werden dabei berücksichtigt. Sie ergeben eine konzernweit einheitliche Qualitätskennzahl. Harald Ganster fasst zusammen: «Höchste Qualität unserer Produkte ist ein wesentlicher Faktor für unseren Unternehmenserfolg. Das wollen wir auch in Zukunft sicherstellen.» - kmu - SMM

(ID:46121251)