Interview mit Pirmin Zehnder, Inhaber Newemag AG Vom «Victorinox-Lehrling» zum Newemag-Inhaber
Pirmin Zehnder, Inhaber des Fertigungslösungs-Anbieters Newemag, hat mit dem Neubau ein klares Zeichen Richtung Zukunft gesetzt. Wer von der Autobahn Zürich–Luzern nach Eschenbach fährt, kann das neue Newemag-Gebäude nicht übersehen. Es überragt alles. Auch technologisch hat sich das Unternehmen für die Zukunft ausgezeichnet aufgestellt. Im SMM-Interview sagt P. Zehnder, welche Rolle Werkzeugmaschinenhändler heute spielen.
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SMM: Herr Zehnder, mich würde interessieren, wie Sie als Inhaber eines der grossen Schweizer Unternehmen für Werkzeugmaschinenhandel in den zerspanenden Bereich hineingewachsen sind.
Pirmin Zehnder: Ich habe eine Lehre bei Victorinox als Elektromechaniker gemacht. Damals haben wir uns noch die Finger wundgefeilt und das Zerspanen am eigenen Leib erlebt. Ich habe konventionell gefräst und gedreht. Es war die Übergangszeit zum CNC. Noch während meiner Lehre durfte ich bereits die ersten CNC-Programme erstellen. Das waren meine ersten Berührungen mit der Zerspanung.
War es Zufall, dass Sie eine Ausbildung als Elektromechaniker gemacht haben?
P. Zehnder: Nein, das war kein Zufall. Die Verbindung von Elektronik/Elektrotechnik und Mechanik hat mich schon immer fasziniert. Elektromechanische Problem-Lösungen zu erarbeiten ist ein äusserst anspruchsvoller Aufgabenbereich. Dieses Wissen konnte ich bei Victorinox exzellent ausbauen und anwenden, weil sie über einen eigenen Sonder-Maschinenbau verfügen. Das war ein abwechslungsreiches Umfeld. Nach vier Jahren bei Victorinox zog es mich in die HTL in Horw bei Luzern, um ein Elektrotechnikstudium abzuschliessen. Hier habe ich Lösungsmethoden erlernt, die ich auch heute noch für Fertigungslösungen anwenden kann.
Mit dem Neubau Ihrer neuen Zentrale in Eschenbach setzen Sie ein klares Zeichen für die Zukunft. Wenn ein Kunde fragt, was habe ich davon, was antworten Sie ihm?
P. Zehnder: Der Nutzen unseres Neubaus muss letztlich dem Kunden weitergegeben werden. Wir sind durch die moderne Gebäude-Infrastruktur heute in der Lage, komplette Fertigungssysteme inklusive Palettisierung auszutesten, anzupassen, einzufahren, zu kalibrieren usw. Die heutigen Fertigungsanlagen werden zu 90 % kundenorientiert konzipiert. Das heisst, dass wir die Anlage hier bei uns mit den Werkstücken entsprechend konfigurieren können, gemeinsam mit Partnern wie Spannspezialisten und Werkzeugherstellern. Wir richten die Fertigungsanlagen fixfertig ein, wenn nötig inklusive CAM-Programmierung und Teilehandling. Für den Kunden bringt das beachtliche Vorteile: alte Maschine raus – neue rein, und weiterarbeiten. Die Stillstandzeit des Kunden wird markant minimiert.
Und welche Vorteile sehen Sie bei Ihnen vor Ort?
P. Zehnder: Wir haben klar geringere Logistikkosten. Die Lastwagen fahren direkt in die Halle, die Maschinen werden mit unserem 20-t-Kran be- und entladen. Wir sind erheblich effizienter geworden. Letztlich sind die Räumlichkeiten für die Mitarbeiter erheblich attraktiver. Wir setzen mit dem Neubau ein Signal, dass wir an die Zukunft des Werkplatzes Schweiz glauben.
Service ist im Werkzeugmaschinenmarkt ein ganz wesentlicher Faktor. Welchen Fokus legen Sie auf diesen Bereich?
P. Zehnder: 50 % unserer Mitarbeiter sind im Service beschäftigt. Das ist viel und sagt eine Menge über den Stellenwert unseres Service aus. Service war und ist bei Newemag ein ganz wichtiges Standbein. Wir verfügen beispielsweise über ein grosses Ersatzteillager, damit wir sehr schnell reagieren können, wenn bei einem Kunden ein Problem auftritt. Zudem bieten wir ein vorbeugendes Wartungspaket unseren Kunden an, das sie vor Überraschungen schützt.
Ist der Begriff Werkzeugmaschinenhändler überholt?
P. Zehnder: Ja, der Begriff Werkzeugmaschinenhändler ist eindeutig überholt, wir verstehen uns heute als «Lösungsberater». Unser Berufsbild hat sich enorm verändert. Dass wir einfach nur eine Maschine verkaufen, das gibt es fast nicht mehr. Wir betrachten den Fertigungsprozess gesamtheitlich. Wir analysieren das Mengengerüst, die Variation der Werkstücke, wie Form, Grösse, Materialien usw. Dann eruieren wir, welche Maschinenlösung, Werkzeugsysteme, Spannvorrichtungen, Zu- und Abführung, Späneentsorgung usw. notwendig sind. In der Regel integrieren wir in einem frühen Projektstadium unsere Partner, die uns helfen, ein Bauteil wirtschaftlich und prozesssicher zu fertigen. Aber wir stehen als Generalunternehmer für den gesamten Prozess in der Verantwortung.
Werkzeugmaschinenhersteller verfügen heute über moderne Technologiezentren. Geht es auch bei Ihnen als «Lösungsanbieter» in diese Richtung?
P. Zehnder: Unbedingt, ich habe das bereits oben kurz erwähnt. Das ist einer der ganz grossen Vorteile unseres neuen Standortes. Wir haben sehr gut ausgebildete Applikationsspezialisten im Haus, die mit den Kunden Versuche unter Span fahren. Natürlich können wir auch Automationslösungen vor Ort bei uns integrieren und einfahren.
Wie ist die aktuelle Nachfrage nach Investitionsgütern bei Ihren Kunden?
P. Zehnder: Seit letztem Sommer haben wir eine rege Projekttätigkeit. Ich gehe davon aus, dass dies in diesem Jahr so weitergehen wird. Die Auftragslage unserer Kunden ist generell gut, sie haben im Durchschnitt relativ gute Auslastung. Der Arbeitsvorrat ist aber nach wie vor kurz, und es muss flexibel geplant werden.
Und wie sieht es in den verschiedenen Branchen aus?
P. Zehnder: Die Uhrenindustrie läuft ausgezeichnet, auch die Medizintechnik läuft ordentlich. Hier in der Region Luzern bemerken wir insbesondere den guten Auftragseingang in der Luftfahrtindustrie.
Welche Stärken hat der Standort Schweiz und was bedeutet das für die Fertigungslösungen?
P. Zehnder: Nach wie vor haben wir in der Schweiz sehr gut ausgebildete Leute. Sie können dafür sorgen, dass die Maschinen mehrschichtig laufen. Die Maschinen und Automationslösungen müssen hierfür aber ein entsprechendes Qualitätsniveau haben. Wir verfügen beispielsweise mit dem Hersteller Matsuura sowohl über horizontale als auch vertikale 5-Achsen-Bearbeitungszentren mit der Möglichkeit einer integrierten Mehrpaletten-Lösung sowie dazu passenden grossen Werkzeug-Speichern. Hier können insbesondere die Schweizer Zulieferer davon profitieren, die stark wechselnde und mittlere bis kleine Lose haben. Matsuura bietet hier die Möglichkeit einer flexiblen Fertigungslösung.
Sie setzen auf hochwertige Fertigungslösungen.
P. Zehnder: Das ist richtig und zeigt sich auch an unserer jüngsten Vertretung von Hedelius. Ein deutscher Werkzeugmaschinenbauer, der Fahrständer-Maschinen entwickelt. Diese Maschinen können über zwei Arbeitsräume verfügen, beispielsweise einen 3-achsigen und einen 5-achsigen. So ist die Maschine im Pendelbetrieb extrem flexibel einsetzbar. Wenn dann noch ein langes Teil gefertigt werden muss, nimmt man die Pendeltüre heraus und los gehts. Die Maschine kommt sehr gut bei unseren Kunden an.
Welche Rolle haben die Brother-Maschinen, gehen die vornehmlich in die Uhrenindustrie?
P. Zehnder: Wenn ich ehrlich bin, berate ich meinen Kunden sehr gerne zum Erwerb einer Brother. Das ist das Beste, was es am Markt gibt. Sie hatten ja einmal selbst einen Fachbericht im SMM mit der Überschrift «Eine Maschine, die glücklich macht» geschrieben, besser kann man die Maschinen nicht beschreiben. Sie verfügen über konkurrenzlose Beschleunigungen und Werkzeugwechsel. Die Brother-Maschinen können nicht nur weltmeisterlich Gewinde schneiden, sondern auch konkurrenzlos in dieser Gewichtsklasse beschleunigen und die Werkzeuge wechseln. Die neu entwickelten Kompaktbearbeitungszentren Speedio S300 X1, S500 X1 und S700 X1 beschleunigen mit bis zu 2,2 G und wechseln die Werkzeuge in unglaublichen 0,8 Sekunden.
Im Drehen sind Sie mit Miyano und Hyundai ebenfalls gut aufgestellt.
P. Zehnder: Ja, die Miyano-Maschinen sind bekannt für ihre extrem hohe Prozesssicherheit. Die japanischen Ingenieure haben den Werkzeugmaschinenbau perfektioniert. Auf der koreanischen Hyundai präsentieren wir zur Einweihung Hochleistungsdrehen von schwer zerspanbarem Material mit über 3000 Nm an der Hauptspindel. Das ist eindrücklich. Die Maschine ist noch längst nicht an ihrer Leistungsgrenze.
Wie nah sind Sie heute als Inhaber und Geschäftsführer noch am eigentlichen zerspanenden Prozess?
P. Zehnder: Mein Anspruch ist, dass ich immer noch nah am Fertigungsprozess bleibe. Ich kann so Fertigungslösungen nach wie vor mit unseren Kunden besprechen und ich hoffe, ich kann auch gut beraten. Wenn es ins Detail geht, kommen natürlich unsere Applikationsspezialisten zum Zug.
Sie haben vor neun Jahren Newemag von Tony Huber übernommen, auch er war heute bei Ihrer Einweihung dabei und beobachtet den Werdegang seines «Babys».
P. Zehnder: Als wir Newemag von Tony Huber übernommen haben, war das «Baby» bereits volljährig. Ich denke, Herrn Huber war wichtig, dass Newemag erfolgreich in die Zukunft geht, und er hat glaube ich grosse Freude, dass Newemag sich gut entwickelt hat. Wir sind gemeinsam mit Schneider mc SA von 25 auf 35 Mitarbeiter gewachsen. Wir haben heute noch ein sehr freundschaftliches Verhältnis.
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