SPF 2022 - Walter Meier Fertigungslösungen Entwickelt für Swiss Production

Von Anne Richter

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Walter Meier (Fertigungslösungen) stellt die Be­dürfnisse Schweizer Fertigungsunternehmen ins Zentrum: Das 5-Achs-Bearbeitungszentrum Fanuc Robodrill mit Drehfunktion und die Nakamura-­Tome SC-100X²: die speziell für den Schweizer Markt entwickelt wurde.

Blick in den Bearbeitungsraum des Fanuc BAZ α-D21MiB5ADV Plus, hier eine Fräsoperation an einem typischen Bauteil für Fräs- und Drehoperationen.
Blick in den Bearbeitungsraum des Fanuc BAZ α-D21MiB5ADV Plus, hier eine Fräsoperation an einem typischen Bauteil für Fräs- und Drehoperationen.
(Bild: Walter Meier Fertigungslösungen)

Ein Highlight auf dem SPF wird das neue «Robodrill α-D21MiB5ADV Plus» Bearbeitungszentrum sein. Dank der Integration eines Lehmann-Tap9-Schwenkrundtisch mit Drehfunktion können neben komplexesten 5-Achs-­Simultanbearbeitungen neu Drehoperationen bis 2170 1/min realisiert werden. Die Technologieerweiterung wurde seitens Walter Meier (Fertigungslösungen) AG mit Technologiepartnern entwickelt und ist seit einem Jahr als Prototyp bei einem Anwender im produktiven Einsatz und per sofort verfügbar.

Uhrenkomponenten, Knochenplatten, Knie- oder Hüftgelenke sind u. a. die Bauteile, für die das «Robodrill α-D21MiB5ADV Plus» spezifisch ausgelegt wurde. Das Unternehmen Walter Meier (Fertigungslösungen) AG entwickelte gemeinsam mit Fanuc, PL Lehmann AG, Fischer Präzisionsspindeln und Denitool ein 5-achsiges Fanuc-Bearbeitungszentrum zur Herstellung komplexer Bauteile bis Faustgrösse. Dank der neu integrierten Drehfunktion, können neben 5-Achs-Simultanbearbeitungen zudem Drehoperationen mannlos durchgeführt werden.

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Fräscenter: Vermehrt Anfragen betreffend Drehfunktion

Renato Wenzin (Leiter Geschäftsbereich Fanuc Robodrill): «Wir haben seitens unserer Anwender aus dem Bereich der Uhren- und Medizintechnik in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Anfragen bezüglich einer zusätzlichen Drehfunktion auf unseren Fräsmaschinen erhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grund sehen wir in der Schweiz ein hohes Marktpotenzial für unser neues Maschinenkonzept. Denn in der jüngeren Vergangenheit wurden die Bauteile immer komplexer, die Serien kleiner, bis hin zur Einzelteilfertigung. Unsere Kunden suchen nach automatisierbaren Fertigungslösungen komplexer Bauteile, die in der dritten Schicht mannlos produzieren können.»

Treiber dieser Entwicklung ist die, in der Schweiz stark positionierte, Uhren- und Medizintechnik. Immer öfter müssen Bauteile mit einem Fräs- als auch einem Drehanteil zerspant werden. Um die hier geforderten Komponenten prozesssicher als auch wirtschaftlich zu zerspanen, kann zum einen auf Dreh-Fräszentren gesetzt werden, oder zum anderen auf Fräszentren mit Drehfunktion.

Bei überwiegendem Anteil an Fräsoperationen eignet sich durch die Kompaktheit der geringe Platz- und Energiebedarf und die dennoch sehr hohe Dynamik das Fanuc-Fräs-Drehzentrums perfekt für dieses Bauteilespektrum.

Genial: Japanisches Know-how + Schweizer Perfektion

Fanuc musste betreffend Drehfunktion einen Entwicklungsbeitrag leisten und hat in diesem Zusammenhang die beiden Welten der Dreh- und Fräs-­CNC-Steuerungen vereint und neu eine CNC-­5-Achs-Simultan-Steuerung mit integrierter Drehfunktion entwickelt.

Renato Wenzin: «Die Fanuc-Entwicklungsingenieure haben hier hervorragend agiert und sehr schnell auf unsere Wünsche aus der Schweiz reagiert. Das war vorbildlich. Der Lehmann Schwenk-­Rundtisch ist perfekt auf die Fanuc-Steuerung ausgelegt.

Schweizer Spindeltechnologie mit HSK-Schnittstelle

Eine weitere Modifikation betrifft die Hauptspindel. Serienmässig ist die «Robodrill α-D21MiB5ADV Plus» mit einer Fanuc-SK30-Hauptspindel ausgestattet. Bei dieser Werkzeugschnittstelle ist der integrierte Werkzeugspeicher allerdings auf maximal 21 Plätze beschränkt. Aus diesem Grund wurde eine swiss-made Fischer-Spindel (10 000 1/min 80 Nm, 14,2 kW oder 24 000 1/min, 35 Nm, 26 kW) mit HSK 40E-Werkzeugschnittstelle integriert. Für die HSK-40E-Schnittstelle hat Walter Meier (FL) AG bereits einen Werkzeugspeicher, das WM ToolPlus, mit 42 Werkzeugen entwickelt. Damit verfügt das Fanuc-BAZ über einen doppelt so grossen Werkzeugspeicher wie die Serienmaschine. Das ist auch insofern von Bedeutung, dass aufgrund der zusätzlichen Drehfunktion des Fräszentrums auch Drehwerkzeuge in den Werkzeugspeicher integriert werden müssen. Bei 21 Werkzeugen stösst der Speicherplatz schnell an seine Grenzen. Bei der Entwicklung des WM ToolPlus stand die japanische Zuverlässigkeit und die erstklassige Werkzeugwechselzeit von nur 1,3 sek. (Cut to Cut) im Vordergrund.

Um die Drehwerkzeuge zu integrieren, hat Walter Meier FL gemeinsam mit dem Schweizer Werkzeugspezialisten Denitool eine Lösung erarbeitet. Als Werkzeughalter fungiert in diesem Fall die Hauptspindel mit der HSK-E-Schnittstelle. Hier ist die Herausforderung neben der präzisen Orientierung der Werkzeugschneide, eine Werkzeug-­Drehmomentabstützung konstruktiv zu erzielen. Hier rückt die HSK-E-Schnittstelle in den Fokus, die dank Planauflage eine hohe Steifigkeit bietet und axial perfekt das Werkzeug positioniert. Ein Zentrierbolzen positioniert das Drehwerkzeug radial mittels Formschluss. Gemeinsam mit der elektronischen Klemmung der Fischer-Spindel ist damit die Drehfunktion für Bauteile, die in der Uhrenindustrie gefertigt werden, perfekt ausgelegt.

Nakamura-Tome SC-100X²: made for «Swiss production»

Mit dem neuen Dreh-Fräszentrum bekommt die Fertigungstechnik eine neue Dimension. Die Gegenspindel verfügt, neben der Z-Achse, über eine X-Achse, womit sich hocheffiziente überlagerte Fertigungsmöglichkeiten – zusätzlich zur Simultanbearbeitung mit dem Zusatzrevolver – ergeben. Möglich macht dies eine Symbiose aus herausragender Steuerungstechnik gepaart mit genialem Werkzeugmaschinenbau.

Bei der Nakamura-Tome SC-100X2 handelt es sich um ein hochdynamisches Dreh-Fräszentrum mit Gegenspindel und Zusatzrevolver, bei dem die Vorder- und Rückseitenbearbeitung mit ein und demselben Revolver stattfinden kann. Unmöglich? Nein, ein geniales Werkzeugmaschinenkonzept, bei dem die Gegenspindel 2-achsig (X/Z) verfahren kann und die Rückseitenbearbeitung zeitparallel zur Vorderseite mit einem Revolver bearbeitet wird. Richard Huber, Product Manager Werkzeugmaschinen: «Nakamura-Tome ist damit einer der wenigen Hersteller weltweit, die eine solche Lösung am Markt anbieten. Was bringt das? Höhere Produktivität auf kleinstem Raum, noch dazu bei geringeren Kosten.» Im Gespräch mit dem SMM sagt Mathias Zavratnik (Verkaufsleiter): «Der überlagerte Fertigungsprozess wirkt hochkomplex, die Programmierung ist dagegen, wie oben angesprochen, sehr einfach. Das ist das Geniale an dem Maschinenkonzept. Aber zu Ihrer Frage, warum dieses Maschinenkonzept entwickelt wurde: Für Dreh-Frästeile, die wir mit der Nakamura-­Tome SC-100X2 ab sofort mit diesen Zykluszeiten bearbeiten können, waren bisher grösser bauende Maschinen – aufgrund eines zweiten X/Z-Revolvers – notwendig. Die SC-100X2 benötigt wegen der X/Z-Gegenspindel lediglich einen festen zweiten Trommelrevolver, um höher komplexe Dreh-Frästeile zu fertigen. Das schlägt sich in der Baugrösse der Maschine nieder, die bei knapp über 6 m2 liegt.»

So funktioniert die überlagerte Fertigung

Werden ansonsten auf der Gegenspindel nur noch wenige Rückseitenbearbeitungen durchgeführt, ist die Gegenspindel der NT das Herzstück, der «vielseitige Gegenpart» zur Hauptspindel, da sie sowohl in Z- als auch in X-Richtung verfahren kann und damit überlagernde Fertigungsprozesse ermöglicht. Was bedeutet überlagernde Fertigungsprozesse? Während die Vorderseite des Werkstücks auf der Hauptspindel klassisch über den Revolver (24 Stationen, bis 12 angetriebene Werkzeuge) bearbeitet wird, der in X wie auch Z-Achse die Konturen abfährt, verfügt der Revolver auf der gleichen Werkzeug-Position über ein zweites Werkzeug für die Rückseiten-Bearbeitung. Um die geforderte Kontur der Rückseite bearbeiten zu können, muss dabei die Gegenspindel erstens den Bearbeitungsprozess zur Vorderseite synchronisieren respektive kompensieren und zugleich den eigentlichen Rückseiten-Zerspanungsprozess überlagert fahren.

Sehr einfache Programmierung

Das hört sich kompliziert an, ist es aus technologischer Sicht auch. Aber die Programmierung der überlagerten Fertigungsprozesse ist für den Maschinenbediener trivial. Er muss klassisch die CNC-Kennwerte für die Komplettbearbeitung des Bauteils programmieren, wie bisher. Alles andere – nämlich die Synchronisierung der Revolverachsen mit der Gegenspindel – übernimmt für ihn die Steuerung der Nakamura-Tome. R. Huber: «Der Bediener wird durch die sehr einfach zu bedienende Nakamura-Tome-Software unterstützt. Die Umwandlung von Einzel- in Multibahn-Programme können vom Bediener per Drag-and-drop gehandelt werden. Die Umrechnung erfolgt im Hintergrund.»

Zur «Gretchenfrage»: Warum macht man einen solchen Prozess?

R. Huber: «Ganz einfach, der grosse Vorteil der überlagerten Fertigung ist, dass die Zykluszeiten gegenüber dem Schwestermodell SC-100 um 40% reduziert werden können, und dies ohne zweiten X/Z-­Revolver. Die überlagerte Synchronbearbeitung bringt somit erheblich mehr Produktivität auf engstem Raum. Der Output der Maschine steigt. Mit der NT erreichen wir Zykluszeiten, die knapp unterhalb von Dreh-Fräszentren mit einem zweiten X/Z-Revolver sind. Solche Maschinen bauen erstens grös­ser und sind zweitens investitionsintensiver. Die NT fügt sich aufgrund ihrer geringen Baugrösse perfekt in gewachsene Fertigungsstrukturen ein, wo bei wenig Fläche ein Maximum an produktionellem Output generiert werden muss.»

Weitere Stärke: hochproduktive Polygonfertigung

Bei der Herstellung von Polygonflächen respektive Mehrkantflächen verfügt die NT dank der X/Z-Achse der Gegenspindel über die Möglichkeit des hocheffizienten Polygondrehens (Mehrkantschlagen). Zwingende Voraussetzungen für diesen Fertigungsprozess: geeignete Drehmaschinen und Werkzeuge sowie eine CNC-Steuerung, die Synchronspindelkopplungen – Haupt- und Gegenspindel mit C-Achse bis 600 min-1 – unterstützt. Generell können solche Mehrkantflächen auch mit dem Revolver gefräst werden, das ist aber sehr zeitintensiv. Mittels des Polygondrehens kann die Prozesszeit gegenüber Fräsen um 50 bis 90% reduziert werden. -ari- SMM

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