3D-Laserschmelzen Kompetenz beim Giessen und 3D-Laserschmelzen

Autor / Redakteur: Klaus Vollrath / Luca Meister

Zu den Vorteilen des Giessens zählt der hohe Freiheitsgrad, der Konstrukteuren bei der Geometriegestaltung ermöglicht wird. Mit dem Aufkommen des 3D-Laserschmelzens ergeben sich nun zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten wie z. B. freigeformte Strömungskanäle für Temperiermedien.

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An der Bauteiloberfläche ist die Aufbaustrategie durch kreuzweises Übereinanderlegen von Schichten aus Schweissraupen deutlich zu erkennen.
An der Bauteiloberfläche ist die Aufbaustrategie durch kreuzweises Übereinanderlegen von Schichten aus Schweissraupen deutlich zu erkennen.
(Bild: Institut für Werkstofftechnologie Wallisellen, N. Rizvic)

Durch die Bündelung verschiedener Technologien stehen dem Anwender heute viele Möglichkeiten offen. Für ihre optimale Nutzung ist die umfassende Werkstoffkompetenz des Giessers von entscheidender Bedeutung. «Wir sind Spezialisten für besonders anspruchsvolle Gussteile aus Eisen, Stahl und Sonderwerkstoffen und deren Bearbeitung», sagt Urs Tanner, Leiter Zerspanungstechnik der Wolfensberger AG in Bauma. Das familiengeführte mittelständische Giessereiunternehmen vergiesst eine sehr breite Werkstoffpalette, die von legierten Gusseisenwerkstoffen z. B. für verschleissbeanspruchte Bauteile über Kohlenstoffstähle und Edelstähle bis zu Sonderwerkstoffen wie Nickelbasislegierungen reicht. Auch bezüglich der eingesetzten Giessverfahren nimmt man eine Sonderstellung ein und setzt neben dem klassischen Sandgiessen auch auf das Präzisionsgiessverfahren «Exacast». Hiermit lassen sich in wichtigen Gussteilbereichen Genauigkeiten erzielen wie sonst nur mit Feingiessverfahren, dies jedoch bei wesentlich grösseren Abmessungen und Gewichten.

Darüber hinaus agiert das Unternehmen dank seiner umfassenden Kompetenz in den Bereichen Werkstoffe, Bauteilengineering und Prozessoptimierung als Entwicklungspartner seiner Kunden und übernimmt auch alle sonst erforderlichen Aufgaben von der Bearbeitung über die Montage bis hin zur einbaufertigen Anlieferung in die Montageabteilungen des Kunden.

Ergänzung des 3D-Laserschmelzens ...

«Mit dem Aufkommen neuer Verfahren wie dem 3D-Laserschmelzen haben wir unsere Verfahrensbandbreite schon vor Jahren um diese hochinteressante Technologie erweitert», ergänzt Michael Sieger, Leiter Qualitätssicherung/Labor/Schweiss­aufsicht bei Wolfensberger. Hier könne man das vorhandene Know-how im Bereich Werkstoffe und Verarbeitungsverfahren z. B. durch das Verschweis­sen kleinerer Komponenten zu grösseren Bauteilen bzw. Baugruppen hervorragend einsetzen. Im Ergebnis verfüge man damit über zusätzliche Freiheitsgrade, um dem Kunden das jeweils für seinen Bedarf geeignetste Verfahren anzubieten. Darüber hinaus könne man auch verschiedene Verfahren kombinieren, z. B. durch schweisstechnisches Fügen von gegossenen Teilen mit solchen, die mittels 3D-Laserschmelzen hergestellt wurden.

... durch die Werkstoffkompetenz des Giessers

«Als Giesser verfügen wir über ein Qualitätssicherungswesen, das den meisten 3D-Laserschmelzanbietern nicht zugänglich ist», erläutert Urs Tanner. Beim 3D-Laserschmelzen entstehen die Bauteile aus dünnen Pulverschichten, die mithilfe eines Laserstrahls computergesteuert aufgeschmolzen und dadurch übereinander geschweisst werden. Interne Analysen konnten aufzeigen, dass die hierbei entstehende Schichtstruktur im Vergleich zu einem mithilfe anderer Technologien gefertigten Bauteil eine Dichte von 99,94 Prozent beziehungsweise eine Restporosität von lediglich 0,06 Prozent aufweist. Das Gefüge ist daher gegenüber druckbeaufschlagten Medien wie Gasen oder Hydraulikflüssigkeiten faktisch dicht. Zu beachten ist lediglich eine gewisse Anisotropie. Das bedeutet, dass Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Bruchdehnung oder Kerbschlagzähigkeit teilweise davon abhängen, wie das Bauteil bei seiner Entstehung relativ zur Baurichtung orientiert war. Wichtig ist in diesem Zusammenhang ausserdem, inwieweit sich eine eventuelle Wärmebehandlung auf diese Eigenschaften auswirkt.

Dank des eigenen Prüflabors kann Wolfensberger solche Zusammenhänge schnell und effizient untersuchen und so die Bauteileigenschaften optimal an die Anforderungen des Kunden anpassen. Zunächst ist festzustellen, dass die 3D-Laserproben durchweg gute, über den Erwartungen liegende Werte sowohl bezüglich ihrer Festigkeitswerte als auch mit Blick auf ihre Kerbschlagzähigkeit aufweisen. Durch geschickte Anordnung der Proben im Bauraum ist es zusätzlich möglich, z. B. zusätzliche Festigkeitsreserven von bis zu 15 Prozent zu nutzen. Da sich Festigkeits- und Dehnungswerte gegenläufig verhalten, kann man umgekehrt auch höhere Zähigkeitsreserven anstreben. Hervorzuheben ist, dass die festgestellten Standardabweichungen sehr gering sind, was eine gute Beherrschung des Bauprozesses unterstreicht.

Vorteile des 3D-Laserschmelzens

«Der Vorteil des 3D-Laserschmelzens sind die im Vergleich zum Giessen nochmals erheblich erweiterten Freiheitsgrade für den Konstrukteur», verrät Michael Sieger. Das Metallpulver, das von einem Schlitten nach und nach in dünnen Schichten auf dem Boden des Bauraums aufgetragen wird, bildet auch in den Bereichen, wo keine Verschmelzung durch den Laser erfolgt, ein dichtes «Bett», welches auch zunächst isolierte, auf dem losen Pulver lediglich aufliegende Schmelzschichten stützt und an Ort und Stelle stabilisiert, bis sie in höher liegenden Bereichen wieder mit der restlichen Struktur zusammenwachsen. So lassen sich sogar ineinander liegende durchbrochene Kugeln unterschiedlichen Durchmessers darstellen, die untereinander gar keine mechanische Verbindung aufweisen.

Von praktischer Bedeutung sind insbesondere innenliegende Hohlräume, schwer bearbeitbare Konturen mit strömungsoptimierter Geometrie oder komplex geformte Medienkanäle z. B. für Formeinsätze, die oberflächennah temperiert werden müssen. Einzige Beschränkung sind ausreichende Durchlässe, um das lose Pulver nach Abschluss des Bauprozesses aus dem Inneren des Hohlraums entfernen zu können. Mit speziellen Technologien ist es sogar möglich, die inneren Wände von medien­durchflossenen Bohrungen beziehungsweise Kanälen zur Verringerung des Strömungswiderstandes glattzupolieren.

Alles aus einer Hand

«Bei einer solch anspruchsvollen Technologie wie dem 3D-Laserschmelzen erweist es sich als entscheidender Vorteil, dass wir sämtliche Prüfungen und Bearbeitungen im eigenen Hause durchführen können», weiss Urs Tanner. Damit verfüge man im Vergleich zu vielen anderen Anbietern auf diesem Gebiet über entscheidende Vorteile. Zudem sei man in diese Technologie frühzeitig eingestiegen und könne deshalb im Bereich des Selective Laser Manufacturing (SLM) auf ein mittlerweile 15-jähriges Know-how zurückgreifen. Für die Wolfensberger-Kunden ergeben sich aus dieser Erfahrung sowie den zusätzlichen Kompetenzen entsprechende Vorteile.

Zurzeit stehen drei Anlagen mit einer Bauraumgrösse von jeweils 250 mal 250 mal 310 Millimeter zur Verfügung, während eine vierte Anlage bereits in Auftrag gegeben wurde. Verarbeitet wird eine vergleichsweise breite Palette von legierten Stählen, Edelstählen, Werkzeugstählen sowie Sonderwerkstoffen wie Titan. Die Kunden kommen aus unterschiedlichsten Branchen wie dem Formen- und Werkzeugbau, dem Maschinenbau oder der Medizintechnik. Die Losgrössen reichen vom Einzelstück bis zu mittleren Serien. Nach dem Aufbau werden die Teile mithilfe von Verfahren wie dem Drahterodieren von der massiven Grundplatte getrennt und je nach Bedarf mithilfe spanabhebender Verfahren beziehungsweise durch Wärmebehandlung oder Beschichtung weiter veredelt. SMM

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