Laser-Sintern: Reproduzierbarkeit und Qualitätssicherung Additives Manufacturing im Praxistest

Redakteur: Luca Meister |

>> Während Experten sich noch uneins sind und Skeptiker Schwachstellen erwähnen, hat Kegelmann Technik schon vor Jahren mit der Serienfertigung mit Laser-Sintern begonnen. Das additive Manufacturing birgt bei kleinen und mittleren Stückzahlen nicht nur enorme Einsparpotenziale, sondern eröffnet auch bei der Bauteilgestaltung völlig neue Möglichkeiten.

Anbieter zum Thema

Mit dem Laser-Sintern hat Kegelmann 1996 im Bereich Prototypenbau begonnen. Heute produziert das Unternehmen mit sechs Maschinen für die unterschiedlichsten Industriezweige.
Mit dem Laser-Sintern hat Kegelmann 1996 im Bereich Prototypenbau begonnen. Heute produziert das Unternehmen mit sechs Maschinen für die unterschiedlichsten Industriezweige.
(Bild: Kegelmann)

mei. Generative Verfahren scheinen mittlerweile erwachsen geworden zu sein und hätten industriellen Standard erreicht. Allerdings können sich (noch) nicht alle Branchen dieser Meinung anschliessen. In der Luft- und Raumfahrt beispielsweise fliegt bislang noch kein generativ hergestelltes Bauteil. Gründe dafür sind die vermeintlich mangelnde Qualitätssicherung und Reproduzierbarkeit. Dieser Meinung schliesst sich übrigens auch ein namhaftes Institut für Rapid Product Development an.

Zuerst Prototypen

Das Unternehmen Kegelmann Technik, das sich bereits seit 1996 intensiv mit dem Laser-Sintern beschäftigt, sieht das hingegen nicht so. Zu Recht, wie es scheint, denn Reproduzierbarkeit und Qualitätssicherung zählen mittlerweile beim deutschen Unternehmen zu den elementaren Voraussetzungen beim Einsatz des Verfahrens.

Mit der ersten Anlage für Manufacturing wurden noch ausschliesslich Prototypen hergestellt. 2005 hatte Geschäftsführer Stephan Kegelmann eine Vision: Während das Laser-Sintern bereits für die Prototypenfertigung im Einsatz war, sah er das generative Verfahren schon in der Serienfertigung. So wurde mit der gleichen Anlage begonnen, hierfür einen Markt aufzubauen. 2011 wurden alle alten Anlagen verkauft und in drei neue Anlagen investiert. Aus Kapazitätsgründen kamen bereits Ende 2012 nochmals drei neue Anlagen hinzu. Mittlerweile produzieren die sechs Anlagen sieben Tage die Woche rund um die Uhr tausende von Teilen für Serienapplikationen.

Für ausgereifte Prozesse viel Vorarbeit nötig

Dieses Auftragsvolumen macht deutlich, dass man sich hinsichtlich Reproduzierbarkeit der Bauteile sowie Qualitätssicherung von anderen Anbietern abhebt. S. Kegelmann führt das auf die jahrelange Erfahrung und das damit erarbeitete Know-how zurück: «Bis zu unseren aktuellen Qualitätsstandards war enorm viel Vorarbeit nötig. Wir haben aber schon vor Jahren gemeinsam mit einem grossen Automobilkonzern für ein absolutes Premiumfahrzeug eigene prozessorientierte Qualitätsstandards definiert. Das vermeintliche Problem liegt beim additiven Manufacturing neben der Masshaltigkeit in der Homogenität, Dichte und Festigkeit des Materials, Faktoren, die direkt im Verhältnis zueinander stehen. Um diese Eigenschaften konstant und reproduzierbar zu gestalten, muss man den Prozess im Griff haben.»

Das Laser-Sintern ist ein thermischer Prozess. Der Arbeitsraum wird aufgeheizt und der Laser nur für das Schmelzen des Materials eingesetzt. Diese geringe Temperaturdifferenz ist es letztendlich, weshalb beim Laser-Sintern eine derart hohe Homogenität erzielt werden kann. Den Prozess im Griff haben, beginnt deshalb mit der Pulverqualität, dem Einsatz von bereits aufgeheiztem Pulver in Verbindung mit Neupulver (Neupulverqualität muss auch von den Herstellern garantiert werden) und der Positionierung der Bauteile im Arbeitsraum wegen der Temperaturverteilung.

Diverse Vorteile

Wie kann eine Technologie bzw. ein Verfahren spezifisch punkten? Mit additivem Manufacturing sind kleine bis mittlere Losgrössen äusserst wirtschaftlich und schnell zu bewältigen. Viel wichtiger aber scheint die dadurch mögliche Funktionsintegration. So lassen sich z. B. Vakuumkanäle, Clips oder Federn in Bauteile integrieren, wie es mit herkömmlichen Verfahren nicht möglich wäre. Ausserdem sprechen kurzfristige Design-Änderungen oder nahezu völlig freie Konstruktionsmöglichkeiten für das Verfahren. Man muss sich damit künftig auch keine Gedanken mehr über das Bohren, Fräsen oder Schleifen machen.

Dass die Technologie in der Serienfertigung angekommen ist, bestätigt der Kundenkreis des Unternehmens. Neben der Nobelkarosse eines Automobilherstellers oder Spezialfahrzeugen zählen der Sonder- und Verpackungsmaschinenbau, Designer-Brillen oder auch Anbieter von Virtual-Reality-Konsolen zum Kundenkreis von Kegelmann. Ohne die gelieferte Qualität wäre das wohl kaum möglich gewesen.

Bauteile frei gestalten

Trotz der kontinuierlich ansteigenden Nachfrage muss sich S. Kegelmann noch heute mit Skeptikern auseinandersetzen: «Mangelnde Qualitätssicherung, keine Reproduzierbarkeit oder auch zu raue Oberflächen; das sind alles Behauptungen. Über die Qualität haben wir schon gesprochen und was die Oberflächenqualität angeht: Wir haben gemeinsam mit dem führenden Hersteller von Gleitschleifanlagen Tests durchgeführt. Die Oberflächen sind inzwischen ausgezeichneter Qualität. Das Gleiche gilt für das vermeintlich problematische Einfärben von Bauteilen. Polyamid ist Nylon, also ein Textil. Mit herkömmlichen Textilfarben ist das kein Problem.»

Bauteile geometrisch frei gestalten, ionisch und topologisch zu optimieren, um Gewicht einzusparen, ohne den Werkstoff zu schwächen; das sind Aspekte, mit denen sich die Industrie seit Jahren beschäftigt. Nach Meinung von Experten scheint die Herstellung solcher Bauteile mit dem Laser-Sintern zukunftsweisend zu sein. Demnach hat für Kegelmann Technik die Zukunft längst begonnen. <<

(ID:39235470)