SMM Kongress 2020: Lean Manufacturing Integration von 3D-Druck für Auftragsfertiger

Autor / Redakteur: Erik Poulsen, GF Machining Solutions; Ruben Wauthle, 3D Systems Healthcare / Anne Richter

Additive Manufacturing erlaubt die Erzeugung von Geometrien und Oberflächen wie sie mit herkömmlichen Fertigungsverfahren nicht möglich sind. So haben Gitterstrukturen und poröse Oberflächen die medizinischen Eigenschaften von orthopädischen Implantaten entscheidend verbessert.

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Ein Laser bildet das Design eines medizinischen Geräts auf einem 30 µm dicken Pulverbett aus Titan Grade 23 ab.
Ein Laser bildet das Design eines medizinischen Geräts auf einem 30 µm dicken Pulverbett aus Titan Grade 23 ab.
(Bild: GF Machining Solutions)

Die additive Fertigung (AM) mit Metallwerkstoffen (Metall-AM oder 3D-Metalldruck) spielt als Verfahren zur Herstellung vieler neuer medizinischer Geräte, die auf den Markt kommen, eine bedeutende Rolle. Im Bereich der Fertigung orthopädischer Implantate hat die Entwicklung von Produkten mit Gitterstrukturen und porösen Oberflächen zu einer beachtlichen Verbesserung der Ergebnisse für Patienten geführt. Einfach ausgedrückt: Ohne AM ist die Herstellung von Produkten mit diesen Merkmalen unmöglich. Und das gilt nicht nur für Implantate – auch chirurgische Werkzeuge und Instrumente profitieren von Designs, die nur mittels AM realisierbar sind. Gründe dafür sind die Gewichtseinsparungen, die erreichbar sind, sowie die Möglichkeit, innovative Formen zu erschaffen, durch die ergonomischere Produkte machbar werden und die den Herstellungsprozess vereinfachen.

Eventtipp: SMM Kongress 2020 – Lean Manufacturing Mit dem immer grösser werdenden Konkurrenzdruck und Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld, brennt das Thema Produktivität und Prozessoptimierung jedem Unternehmen unter den Nägeln. Wie mit schlanken Prozessen effizienter produziert werden kann wird am SMM-Kongress analysiert und diskutiert. Ziel ist es, Strategien für KMUs zu erörtern, Trends und Chancen zu analysieren und Lösungsansätze auszutauschen. Begleitet wird der Kongress von einer Fachausstellung und einem ansprechenden Kulturprogramm.
Wann: Mittwoch, 18. November 2020
Wo: Forum der Messe Luzern
Informationen: www.smm-kongress.ch

Technologien

Beim Metalldruck gibt es verschiedene Ansätze. Bei dem heute meistgebrauchten Verfahren wird durch gezieltes Schmelzen eines sehr feinkörnigen Metallpulvers ein festes Material hergestellt. Die für das Schmelzen des Pulvers benötigte Energie liefert entweder ein Elektronenstrahl (E-Beam) oder ein Laser. Beide Verfahren drucken «scheibchenweise»: In der Baukammer des Druckers werden dünne Schichten des Pulvers aufgebracht und geschmolzen und auf dem neu geschichteten Pulver wird ein Muster nachgebildet. Mit einem E-Beam können Produkte gedruckt werden, die eine geringe Eigenspannung aufweisen, da in der Baukammer eine hohe Temperatur herrscht (im Allgemeinen über 700° C). Ein E-Beam hat aber auch gewisse Nachteile: Vor allem liegen die Mindestdicke der Pulverschicht und die Grösse des Elektronenstrahls über denen eines Lasers. Allgemein sind bei Produkten, die mit Verfahren auf Basis eines Lasers hergestellt werden, höhere Oberflächengüten und feinere Details realisierbar. Dank dieser Vorzüge lassen sich mit lasergestützten Systemen vielfältigere Produkte herstellen.

Sauerstoff – der Feind

Immer wenn Metalle mit Sauerstoff in Kontakt kommen, besteht die Gefahr der Sauerstoffaufnahme und damit der Oxidierung. Metallpulver besteht aus winzigen Kügelchen mit einem Durchmesser von wenigen Mikrometern. Dadurch weist es eine um ein Vielfaches grössere Oberfläche pro Gewichtseinheit auf als ein massiver Metallstab. Das Oxidationsrisiko von Pulvern ist deshalb deutlich grösser. Wenn zum Beispiel Titan oxidiert, verändern sich seine mechanischen Eigenschaften ganz erheblich. Nimmt es viel Sauerstoff auf, wird es brüchig und anfälliger für diverse Arten von Fehlern. Bei einigen Legierungen muss bei Überschreiten eines bestimmten Grenzwerts das Pulver entsorgt werden. Die Betriebskosten können dadurch erheblich steigen, denn Werkstoffe in Pulverform kosten nicht selten sechs- bis siebenmal so viel wie massive Metallrohlinge. Zudem werden alle Teile aus Werkstoffen, die ausserhalb der Spezifikationen liegen, als Ausschuss aussortiert.

Um das Problem des Sauerstoffs in der Druckumgebung zu beherrschen, gibt es mehrere Ansätze. Bei einigen Druckern strömt kontinuierlich ein Schutzgas (meistens Argon) in die Baukammer und sorgt dort beständig für einen Überdruck. In einem solchen Umfeld nehmen Metalle in Pulverform dennoch Sauerstoff auf, was den Werkstoff mit der Zeit beeinträchtigt. Ein Hersteller, der Teile aus Titan Grade 23 produziert, wird eine Pulverladung voraussichtlich für 20 oder 30 Bauzyklen verwenden können.

Ein anderes Druckerkonzept nutzt eine Vakuumkammer (geschlossenes System); dabei wird die gesamte Luft aus der Kammer abgesaugt und durch Argon ersetzt. Dieser Zyklus wird dreimal wiederholt, bevor der Bauvorgang gestartet wird. Der Vorteil: Es wird nicht nur die Luft aus dem System beseitigt, sondern auch jede Spur von Feuchtigkeit, die möglicherweise vorhanden ist. Ein indirekter Vorteil ist die geringere Feuchtigkeit im Pulver, was eine konsistentere Qualität des gedruckten Metalls möglich macht. Die Lebensdauer des Pulvers in einem solchen Umfeld liegt nicht selten bei mehr als 70 Bauzyklen. Dieser Punkt sowie der Umstand, dass nicht konstant Argon in das System strömen muss, führen zu deutlich niedrigeren Betriebskosten.

Software

Der 3D-Druck ist ein vertikaler Prozess: Das im Bett vorhandene Pulver kann das Gewicht des gedruckten Metalls nicht tragen. Daher muss eine Konstruktion so angepasst und um Stützstrukturen erweitert werden, dass das Gerät erfolgreich und wie geplant hergestellt werden kann. Diese Stützstrukturen können auch vorgesehen werden, um Verformungen infolge der thermischen Belastung während des Schmelzvorgangs zu verhindern. Mithilfe von Software zur Simulation des Druckvorgangs können die Grösse und Geometrie dieser Stützstrukturen verifiziert werden. Einige Programme wie 3DXpert® bieten Tools zur Simulation des Aufbauvorgangs, die die Wanddicke, das Gewicht und das Verhalten des verwendeten Pulvers berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die stützenden Elemente minimiert werden, aber dennoch gross und stark

Alles in einer Lösung gebündelt

Der Erfolg des 3D-Drucks hängt davon ab, ob die Technologie mit ihren zahlreichen Facetten lückenlos beherrscht werden kann. Die herzustellenden Produkte genau zu kennen hilft bei der Wahl der richtigen Drucktechnologie. Die Entscheidung, welches Druckermodell von welchem Hersteller angeschafft werden soll, hat zudem Einfluss auf die Flexibilität: Welche Werkstoffe können verwendet werden, welche nicht? Und was für Produkte lassen sich damit herstellen – oder eben nicht? Schliesslich bestimmen die gewählte Technologie und das Druckerkonzept auch die Betriebskosten und haben zudem Einfluss auf die Produktqualität. SMM

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