Präzisionsfertigung von Uhrenschrauben Mikroschrauben für die Uhrenindustrie

Von Matthias Böhm Lesedauer: 4 min |

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Damit das berühmte «Schweizer Uhrwerk» rund läuft, sind neben zahlreichen Präzisionsbauteilen und Zahnrädern die eingesetzten Schrauben die Elemente, welche das feinmechanische Meisterwerk am Schluss zusammenhalten. Für die Produktion dieser Schrauben ist einiges an Knowhow gefragt. Kein Wunder, dass die bekannten Schweizer Uhrenmanufakturen auch auf die Mikropräzisionsschrauben aus dem eigenen Land setzen. Ein Hersteller solcher Schrauben ist die Aeschlimann AG Décolletages aus Lüsslingen im Kanton Solothurn.

Das Lehren mit dem Gewindelehrring bei Gewinde-Durchmessern ab 0,2 mm erfordert einiges an Fingerspitzengefühl.
Das Lehren mit dem Gewindelehrring bei Gewinde-Durchmessern ab 0,2 mm erfordert einiges an Fingerspitzengefühl.
(Bild: Horn/Sauermann)

Von Mikro-Uhrenbauteilen über Bauteile der Medizintechnik bis hin zu Bagger-­Hydraulikbauteilen. Die Aeschlimann AG Décolletages gilt als Spezialist für die Fertigung von präzisen rotationssymmetrischen Werkstücken.

Gegründet als Schraubenmacher-Atelier im Jahr 1937 entwickelte sich das Unternehmen zu einem Hersteller von komplexen CNC-Bauteilen und bietet seinen Kunden spezielle Nachbearbeitungsverfahren wie Honen, Spitzen- und Centerless-Schleifen sowie Optionen für das Super-Finishing.

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Mit 165 Mitarbeitern fertigen die Schweizer vornehmlich Drehteile bis zu einem Durchmesser von 120 mm. Aber auch bei Frästeilen bis zu einer Kantenlänge von 300 mm zeigt Aeschlimann sein Know­how in der Zerspanung. Zu den Kunden zählen Unternehmen aus der Uhren-, Automobil-, Hydraulik-, Maschinen- und Elektronikindustrie. Darüber hinaus liefert Aeschlimann die schweizerische Präzision auch an die Medizinal-, Messtechnik- und Fahrradbranche.

Im Bereich der die Mikrozerspanung setzen die Aeschlimann-Spezialisten um den ausgebildeten Mikromechaniker Mattia Knecht auf das µ-Finish-­System von Horn. Die technische Beratung in Werkzeugfragen erhält Knecht von der Schweizer Horn-Vertretung Dihawag, mit dem zuständigen Aussendienstmitarbeiter Dominik Läng.

Filigrane Bauteile – anspruchsvolles Handling

Ein Schweizer Uhrwerk besteht je nach Kaliber aus mehreren Baugruppen: Beispielsweise Räderwerk, Aufzug, Antrieb, Unruh oder das Zeigerwerk. Bei einem Uhrenkaliber mit vielen Komplikationen sind auf kleinstem Raum viele Bauteile zu einem Uhrwerk montiert, wo kleinste Schrauben zum Einsatz kommen.

Für die Herstellung dieser Schrauben würde sich der «normale» Zerspaner wohl die Zähne ausbeis­sen. Die Werkstücke sind mit blossem Auge kaum von einem Span zu unterscheiden. «Das Handling und Messen der Schrauben ist eine grosse Herausforderung, welche einiges an Übung bedarf. Die Masskontrolle erfolgt nicht mit einer Bügelmessschraube, sondern unter einem Mikroskop mit 50-facher Vergrösserung», erzählt Knecht. Die Fingerfertigkeit beim Hantieren der Schrauben zeigt sich auch beim Prüfen der Gewinde mit einem Gewindelehrring. «Hierzu benötigt man viel Erfahrung, um Schrauben mit Durchmessern unter einem Millimeter von Hand in die Gewindelehre zu drehen», so Knecht.

Tornos Werkzeugmaschinen – Horn-Werkzeuge

Für das Langdrehen der Uhrenschrauben setzt man bei Aeschlimann auf das Horn-Werkzeug µ-Finish und Maschinen von Tornos des Typs Swiss Nano. Das Werkzeugsystem hat als Hauptzielgruppe Anwen­der in der Mikrobearbeitung. Die Basis für das Werkzeugsystem baut auf dem System S274 auf. Die Schneiden sind präzisionsgeschliffen und durchläuft in der Fertigung eine 100-Prozent-­Kontrolle, um die hohe Schneidkantenqualität sicherzustellen. Der Plattensitz des Werkzeugträgers ermöglicht in Verbindung mit einer zentralen Klemmschraube und dem präzisionsgeschliffenen Umfang der Wendeschneidplatte eine Wechselgenauigkeit im µm-Bereich.

Wenden der Schneidplatte im Tausendstel-Bereich

Dies ermöglicht das Drehen der Schneidplatte in der Maschine, ohne die Spitzenhöhe und die anderen Masse neu ausmessen zu müssen. «Horn bietet Highend-Werkzeuge für viele Anwendungen. Von der Uhrenschraube, vom Medizintechnik-Bauteil bis hin zum Hydraulikteil gibt es Lösungen. Wir setzen Horn-Werkzeuge auf einigen unserer Maschinen ein», sagt Knecht. Neben zahlreichen Standardprofilen sind auch Schneidplatten mit Sonderformen, gemäss Kundenwunsch, erhältlich.

Voraussetzungen für Vorschübe im µ-Bereich

«Die Qualität der Schneidkante spielt die ent­scheidende Rolle bei der Mikrobearbeitung. Man kann Vorschübe dann im µ-Bereich fahren, wenn die Schneide auch im µ-Bereich scharf ist», sagt Dominik Läng.

Für den Drehprozess einer Schraube kommen drei unterschiedliche Werkzeuge zum Einsatz. Zuerst wird die Planfläche des Schraubenkopfes gedreht. «Wir drehen den Kopf zuerst, da wir die Schraube nicht auf dem feinen Gewinde abgreifen und spannen können», so Knecht. Die kleinste Schraubenvariante, die man bei Aeschlimann fertigt, hat einen Gewindedurchmesser von 0,2 mm. Nach der Bearbeitung der Planfläche wird der Schraubenkopf geschlitzt. Anschliessend wird über das Rückwärtsdrehen der Durchmesser des späteren Gewindes gefertigt. Über eine Fräsbearbeitung geschieht die Herstellung des Gewindes. Dies bietet die Möglichkeit, das Gewinde ohne einen Freistich bis zum Schraubenkopf zu fräsen. Den Abstich der Schraube übernimmt wieder ein Horn-Werkzeug aus dem µ-Finish-Programm.

Standzeit einer Schneide: 17 000 bis 40 000 Teile

Die Standzeit einer Schneide beim Rückwärtsdrehen liegt bei rund 17 000 gefertigten Schrauben. Beim Abstechen erreicht die Schneidkante eine Standmenge von 40 000 Schrauben.

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«Durch die neue Horn-Beschichtung ES15 konnten wir die Produktivität noch mal steigern», sagt Knecht. Die neue Beschichtung ist eine HiPIMS-­Schicht (Hochleistungsimpuls-Magnetronsputtern). HiPIMS erzeugt eine hoch homogene und deutlich haltbarere Schicht, deren Härte und Zähigkeit besonders bei der Stahlzerspanung und beim Be­arbeiten von Klein- und Kleinstteilen ihre Stärken zeigt.

Horn setzt bei seinen Werkzeugschichten auf die PVD-Technik (physical vapor deposition), das auf die Mikrozerspanung insofern perfekt zugeschnitten ist, dass die Schichten sehr dünn sind und entsprechend wenig auftragen.

Partnerschaft und kurze Lieferzeiten

In der Schweiz vertritt das Unternehmen Dihawag den deutschen Werkzeughersteller Horn. Die Partnerschaft unter Aeschlimann, Horn und Dihawag besteht seit über 20 Jahren. In dieser Zeit konnte Horn mit seinen Werkzeugen schon einige Zerspanaufgaben erfolgreich lösen.

«Die Zusammenarbeit ist ausgezeichnet. Die technischen Berater von Dihawag und Horn kümmern sich schnell und zuverlässig um unsere Zerspanaufgaben. Es besteht eine echte Partnerschaft und die Lieferzeiten der Werkzeuge sind sehr kurz», so Knecht.

Gegenüber der SMM-Redaktion sagte kürzlich ein Horn-Produktentwickler, Dihawag sei ein Fertigungs­spezialist, der den Horn-Technikern regelmässig Feedback über die Performance der Werkzeu­ge gibt und immer auf der Suche nach Optimie­rungen ist. Dieses Feedback würde die Werkzeugentwicklungen bei Horn kontinuierlich nach vorne treiben. (böh) SMM

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