Spanbrechende Funktion der Miyano ANX-42 SYY LFV optimiert Fertigung der Eglin Präzisionsmechanik AG Spanbrechende Entwicklung – der perfekte Anwendungsfall

Von Matthias Böhm Lesedauer: 8 min |

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Aus zerspanungstechnischer Sicht gehört die spanbrechende LFV-Entwicklung in die Kategorie revolutionär. Worum geht’s? Die von Citizen entwickelte LFV-Spanbruchtechnologie nutzt das Unternehmen Eglin Präzisionsmechanik AG auf einer neuen Miyano ANX-42 SYY, um langspanende Materialien prozesssicher und bedienarm zu bearbeiten. Das patentierte LFV-Verfahren steht für «Low-Frequency Vibration Cutting».

Kupferkontakte, die bei der Eglin Präzisionsmechanik AG in Klein- und mittelgrossen Serien gefertigt werden und dank der LFV-Technologie prozesssicher und bedienarm gefertigt werden können.
Kupferkontakte, die bei der Eglin Präzisionsmechanik AG in Klein- und mittelgrossen Serien gefertigt werden und dank der LFV-Technologie prozesssicher und bedienarm gefertigt werden können.
(Bild: Matthias Böhm)

Seit Jahrzehnten fertigt die Eglin Präzisionsmechanik AG Kupferbauteile. Kupfer hat eine sehr hohe Leitfähigkeit für Wärme und Elektrizität. Wirklich «Spass» macht das Zerspanen von Kupfer aber niemandem. Warum? Das Drehen von Bauteilen aus Kupfer ist besonders anspruchsvoll, weil beim Eingriff der Werkzeugschneide am relativ zähen Werkstoff viel Wärme und ein den Bearbeitungsprozess störenden Fliessspan entsteht. Die nicht brechenden Späne wickeln sich um Werkzeuge und verhindern teilweise eine unbemannte Fertigung. Das hat sich geändert. Mit der neuen Miyano ANX-42 SYY plus integrierter LFV-Technologie macht das Drehen von Kupferbauteilen plötzlich Freude. Doch der Reihe nach.

Wie lief die Kupferzerspanung bisher?

Schon die Aussenzerspanung ist bei Kupfer anspruchsvoll, richtig schwierig werden Drehoperationen von Innenkonturen, weil der Span nicht einfach nach aussen abgeführt werden kann. Im schlechtesten Fall verklemmt sich der Span zwischen Werkzeug und Werkstück und führt zum Werkzeugbruch.

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Auf die Frage der SMM-Redaktion, wie die Kupferzerspanung bisher realisiert wurde, antwortet Samuel Eglin, Geschäftsführer der Eglin Präzisionsmechanik AG: «Teilweise setzten wir anstelle von Drehtechnologie auf das Fräsen, denn das bringt vergleichsweise kurze Späne. Fräsen auf einem Drehzentrum ist aber nicht ideal bezüglich der Wirtschaftlichkeit (Werkzeugkosten usw.). Darüber hinaus haben wir uns beholfen, indem wir über das CNC-Programmieren einen Schnittunterbruch in den Prozess gelegt haben. Ein solcher Prozess erzeugt zwar einen Spanbruch, die Wechselbelastung bei dieser Form des Schnittunterbruchs ist jedoch ruckartig, was sich negativ auf die Werkzeugstandzeit auswirkt.»

Roger Voutat, CSO der Newemag AG: «Die LFV-Technologie realisiert dagegen einen sanften, fliessenden Schnittunterbruch durch die harmonische Synchronisation der Spindeldrehzahl und den variierenden Werkzeugeingriff. Es handelt sich um ein oszillierendes Zerspanen. Mittels G-Funktion kann man die LFV-Funktion einschalten, wobei Parameter wie u.a. die Frequenz abgefragt werden.»

Kernkompetenz: Kupferkomponentenfertigung

Die Fertigung von Kupfersteckverbindungen und Kupferkomponenten unterschiedlicher Grösse gehört zu einer der Kernkompetenzen der Eglin Präzisionsmechanik AG. Das Drehen von Kupferbauteilen scheint auf den ersten Blick unspektakulär zu sein, ist aber einer der anspruchsvollsten «Zerspanungsjobs», die im Bereich der mechanischen Fertigung anfallen.

Beim Fertigen gewisser Innenkonturen an den Kupferkomponenten mussten bisher teilweise Mitarbeitende bei der Maschine bleiben, um bei programmiertem, bedingtem Maschinenhalt die Fliessspäne aus dem Arbeitsraum resp. von den Werkzeugen zu entfernen. Der Grund liegt in der Spanbildung des Kupfers begründet, wie S. Eglin gegenüber dem SMM sagt: «Kupfer ist ein duktiler Werkstoff, und genau das wirkt sich auf die zerspanungstechnischen Herausforderungen aus. Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder temporäre Maschinenstillstände wegen der Fliessspäne. An eine unbediente Fertigung war teilweise nicht zu denken, weil die Spanbildung des Kupfers bei der Drehbearbeitung prozessstörend war.»

Im Idealfall arbeiten die Maschinen bei der Präzisionsmechanik Eglin AG im 24/7-Rhythmus. Das ist jedenfalls der Standard bei der Bearbeitung von Messing oder Automatenstahl. Im Bereich der Kupferzerspanung war das bisher jedoch Wunschdenken. S. Eglin: «Bei unseren Kupferkomponenten mussten wir bisher die Maschine mit einem definierten automatischen Stopp beaufschlagen, damit der Mitarbeiter die Späne entfernen konnte. Teilweise konnten wir nicht einmal ein Teil ohne Bedienereingriff fertig zerspanen. Das sind teilweise Extremsituationen, die wir bei der Kupferzerspanung haben. Mit der Miyano ANX-42 SYY und der integrierten LFV-Spanbruchtechnologie ist das Geschichte.»

Prozesssicherer Spanbruch entscheidend

R. Voutat: «Prozesssicherer Spanbruch gehört zu einem der wichtigsten Faktoren im Drehbereich, um eine bedienarme respektive bedienlose Produktion zu ermöglichen. Die Spanbruch-Thematik wird in den kommenden Jahren massiv zunehmen, weil in vielen Werkstoffen (insbesondere Messing) kein Blei mehr zulegiert werden darf. In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinie RoHS II (2011/65/EU) zu verweisen. Ab wann zukünftig alle metallischen Komponenten in Elektro- und Elektronikgeräten bleifrei sein müssen, kann erst beantwortet werden, wenn die EU-Kommission den Verlängerungsantrag der für die zerspanende Industrie äusserst relevanten Ausnahmeregelungen 6 a–c bearbeitet hat.»

S. Eglin: «Kann kein Blei mehr zulegiert werden, verändert sich das Zerspanungsverhalten der Werkstoffe erheblich, denn die Duktilität (Zähigkeit) erhöht sich massiv und die Wärmeentwicklung an der Schneide nimmt zu. Insbesondere Unternehmen, die Messing bearbeiten, werden vor völlig neue Herausforderungen in der Zerspanung gestellt. Hier bei der Eglin Präzisionsmechanik AG sind wir durch die Kupferbearbeitung bereits seit Jahren an dem Thema dran. Mit der Miyano ANX-42 SYY und der integrierten LFV-Technologie verfügen wir über eine echte Problemlösung für unsere Produktion der Kupferkomponenten und generell für duktile lang­spanende Werkstoffe.»

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LFV: kontrollierte Spanbruchtechnologie

R. Voutat: «Die LFV-Technologie der Miyano ANX-42 SYY ist auf langspanende Werkstoffe wie Stähle, gehärtete Legierungen, Werkstoffe mit geringem Bleianteil, NE-Metalle oder Kunststoffe perfekt zugeschnitten. Die ANX-42 SYY ist der erste Miyano-Kurzdreher, der mit der «spanbrechenden» patentierten LFV-Innovation auf den Revolvern ausgerüstet ist.»

Die oszillierende Zerspanung kann auf beiden Revolvern und bei Bedarf in verschiedenen Modi programmiert werden, sowohl beim Drehen als auch Bohren. LFV ist immer dort sinnvoll, wo unter normalen Zerspanungsbedingungen ein kontrolliertes Brechen des Spans nicht möglich ist. Die hervorragende Prozesssicherheit eröffnet dem Anwender mit der Miyano ANX-42 SYY ein breites Anwendungsspektrum sowie eine nahezu unbegrenzte Freiheit bei der Wahl der zu bearbeitenden Materialien.

Miyano ANX-42 SYY: stabile und schwingungsarme Ausführung

Darüber hinaus ist die Gesamtkonzeption der Miyano ANX-42 SYY auf eine extrem schnelle und präzise Bearbeitung sowohl der Vorder- als auch der Rückseite komplexer Werkstücke ausgelegt. Mit einem Gesamtgewicht von sechs Tonnen ist die Miyano ANX-42 SYY extrem schwingungs- und vibrationsarm. Für eine schnelle und äusserst präzise Bearbeitung sorgen modernste Lineartechnik und spezielle Hochpräzisionsführungen in allen Achsen sowie die gegenüber dem Vorgängermodell gesteigerte Eilganggeschwindigkeit.

LFV: sowohl für Schruppen als auch Schlichten

S. Eglin: «Das LFV-Verfahren lässt sich sowohl beim Schruppen als auch beim Schlichten voll nutzen, das konnte ich mir anfangs kaum vorstellen, ist aber tatsächlich möglich und für positive Bearbeitungsresultate entscheidend. Wir sind daran, mit der Integration der LFV-Technologie ein Prozess-Know-how aufzubauen. Je nach Bauteil, Schnittparameter, Werkstoff und Werkzeug verhält sich der Spanbruch unterschiedlich. Im Prinzip lässt sich die Spanlänge direkt einstellen, je nachdem, wie man das LFV konkret taktet. Die fertigungstechnischen Freiheiten sind enorm, gleichzeitig braucht der relativ komplexe Vorgang auch einiges an Erfahrung, um die idealen Werte im CNC-Programm herauszufinden. Letztlich ist die Prozesssicherheit zwar wichtig, aber auch die Produktivität muss stimmen. Beides muss im Gleichgewicht liegen, um eine hohe Wirtschaftlichkeit zu haben.»

Maschine überzeugt auch ausserhalb der LFV-Funktion

Generell überzeugt die ANX durch ihre Vielseitigkeit. Die Maschine verfügt über einen kompakten Maschinenraum und – für einen Durchmesserbereich von bis zu Ø 42 mm – über eine relativ geringe Standfläche. Die beiden Werkzeugrevolver mit jeweils Y-Achsen können simultan arbeiten und mit den angetriebenen Werkzeugstationen Fräsarbeiten sowohl am Umfang als auch stirnseitig des Drehteils durchführen. Auch das Superimpositionieren ist möglich: So kann dank der zusätzlichen X-Achse in der Gegenspindel z. B. die Abgreifspindel dem Revolver 2 nachfahren, womit eine gleichzeitige Innenbearbeitung auf beiden Spindeln möglich wird. Die ANX ist die erste Miyano mit Rollenführung. Das ist zwar untypisch für Miyano, jedoch die technologische Voraussetzung für die LFV-Technologie.

Höhere Belastungen auf Werkzeuge möglich

Generell wird der Fertigungsprozess komplexer. Auch die Rolle der Werkzeuge verändert sich durch die LFV-Technologie. S. Eglin: «Für Reinkupfer gibt es keine speziell ausgewiesenen oder zugeschnittenen Drehwerkzeuge oder Wendeschneidplatten. Sinnvoll sind in jedem Fall Werkzeuge mit ausgeprägter Spanbruch-Geometrie. Tatsächlich ist es so, dass die Belastungen auf die Werkzeuge auch im LFV-Modus hoch sind. Ob sich das auf die Werkzeugstandzeit auswirken wird, können wir noch nicht definitiv quantifizieren, da wir aktuell noch über keine Langzeiterfahrung resp. validierten Daten verfügen. Derzeit sehen wir keine Problematik in den Werkzeugstandzeiten, unser Fokus liegt auf der Prozesssicherheit, welche massiv gesteigert werden konnte.»

Erfahrungen mit Miyano

Auf die Frage, warum in die neue LFV-Technologie investiert wurde, antwortet S. Eglin: «Es gab mehrere Gründe. Zum einen haben wir ausgezeichnete Erfahrungen mit unseren bisherigen Miyano-Maschinen gemacht. Die bei uns im Einsatz befindlichen Modelle Miyano ABX und BNA haben sich durch eine sehr hohe Prozesssicherheit und Genauigkeit ausgezeichnet. Zudem sind sie sehr schnell, was auch daran liegt, dass die Verfahrwege der Schlitten aufgrund des typischen Miyano-Maschinenkonzepts sehr kurz sind. In Kombination mit der Fanuc-Steuerung produzieren die Miyano-Maschinen selbst in sehr engen Toleranzfeldern prozesssicher. Wir haben am Morgen beim Kaltstart der Miyano-Maschinen nur im Bereich von einem Hundertstel Wärmegang. Sobald sie auf Betriebstemperatur sind, verfügen sie über eine exzellente Wiederholgenauigkeit. Wir haben keinerlei Probleme mit Konizität o. ä. Ein weiterer positiver Aspekt ist der Top-Service von Newemag: Wenn ein Problem da ist, wird dieses sehr schnell, kooperativ und nachhaltig gelöst.»

Werkzeugmaschine in Poleposition

R. Voutat: «Cincom und Miyano gehören dem gleichen Konzern an. Ursprünglich hat Citizen-Cincom die LFV-Technologie entwickelt und patentiert: Citizen konnte sie auf ihre Miyano-Kurzdreher übertragen. Ich gehe davon aus, dass der Prozess kontinuierlich weiterentwickelt und perfektioniert wird. Ähnlich wie beim Trochoidalfräsen werden die Werkzeughersteller die Technologie sicherlich aufmerksam beobachten und zukünftig zugeschnittene Werkzeuge entwickeln, die den Gesamtprozess nochmals optimieren helfen.»

Apropos Werkzeugentwicklung und Technologievorsprung; R. Voutat: «Haben in den letzten Jahren die Werkzeuge, aufgrund ihrer hohen Werkzeugperformance, die Werkzeugmaschinen konsequent herausgefordert und an ihre Grenzen gebracht, sind in diesem Fall die Werkzeugmaschinen einmal in der Poleposition und fordern die Werkzeughersteller heraus.»

S. Eglin resümiert: «Wir haben mit unseren Kupfersteckern sicher den perfekten Anwendungsfall für die LFV-Technologie. Ich kann mir einen besseren Anwendungsfall kaum vorstellen. Aktuell evaluieren wir, welche Komponenten wir parallel zu den Kupferkomponenten auf der Miyano ANX-42 SYY produzieren werden. Wir sehen Potenzial für Kunststoffe, chromlegierte Stähle bis hin zu Bleifrei-Messing und hochwarmfesten Legierungen. Kurz: Die Miyano ANX-42 SYY wird uns zukünftig sicher eine spanbrechende Zeit bescheren.» SMM

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