EMO-Nachbericht: Neustart ist nach vier Jahren Pause in Hannover gelungen EMO 2023: fast alles für die Produktion der Zukunft
Anbieter zum Thema
«Der Neustart nach vier Jahren Pause ist der EMO Hannover gut gelungen», resümiert EMO-Generalkommissar Carl Martin Welcker nach sechs vollgepackten Messetagen in Hannover. Sie punktet mit starken Werten mit Blick auf die Internationalität bei Ausstellern und Besuchern und erwies sich erneut als Bühne für technische Innovationen der Spitzenklasse. Aufgefallen ist: Gefehlt haben schwedisch geführte als auch amerikanische Werkzeughersteller sowie ein grosser Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller.

«Wir haben hier alles gesehen, was die Zukunft der Produktion ausmacht: neue Lösungen zur Automatisierung, zur Vernetzung in der Fabrik und zur Nachhaltigkeit in der Produktion. Wenn Digitalisierung auf die Fabrik trifft, ist der Weg frei für neue Lösungen und Stufen von Effizienz. Das haben die Aussteller beeindruckend präsentiert. Und die Stimmung war gut, trotz der eher angespannten wirtschaftlichen Lage», sagte Welcker weiter.
1 850 Aussteller aus 45 Ländern 92 000 Besucher aus 130 Ländern
Von den rund 1850 Ausstellern kamen rund 70 Prozent aus 45 verschiedenen Ländern, darunter China, Italien, Taiwan, die Schweiz und Japan. Von den rund 92 000 Fachbesucherinnen und Fachbesuchern waren es 54 Prozent aus 130 Ländern. Hier waren die fünf stärksten Besucherländer die Türkei, China, die Niederlande, Italien und Polen. Rund ein Drittel der Fachbesucher reiste aus Asien an.
Stimmen von Ausstellern
Günter Szerenczés, Member of the Executive Board des israelischen Werkzeugherstellers Iscar, sagt: «Die EMO überzeugt wieder durch ein sehr internationales Publikum, das sich aus den verschiedensten Industrien zusammensetzt. Die Besucher haben dabei vor allem gezielt nach Innovationen gefragt.»
30 Prozent der Besucher nennen in der Besucherbefragung als wichtigstes Besuchsziel die Information über Neuheiten und Trends. Hinzu kommt die konkrete Suche nach Lösungen für ihre Problemstellung. Dr. Jochen Kress, Geschäftsführender Gesellschafter, Mapal Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG, Deutschland, sagt: «Der Fokus des Austausches liegt auf kundenspezifischen Themen mit individuellen Anforderungen. Hier sehe ich die EMO als geeignete Plattform, um die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Lieferanten weiter zu stärken.» Und Dr. Matthias Klein, CSO der Emag-Gruppe, ergänzt: «Das Interesse an den innovativen Lösungen und Maschinen der Emag-Gruppe war überwältigend. Insbesondere unsere vorgestellten Lösungen zur Bearbeitung von Komponenten für den Antriebsstrang der Elektromobilität stiessen auf grosses Interesse. Insgesamt sind wir mit der Resonanz aus dem Markt sehr zufrieden.»
Fachkräftemangel beflügelt Automation und Digitalisierung
Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels steht Automation eindeutig im Fokus der Messe. Sie wird auch von mehr als einem Drittel der Besucher als Top-Thema in der Industrie genannt. Fast ein Viertel nennt Digitalisierung und Vernetzung. Dazu konnten sie bei vielen Ausstellern fündig werden.
Roboter, die nicht mehr programmiert werden müssen
Gezählt wurde auf der EMO eine mittlere dreistellige Zahl an Robotern. Neu ist, dass keine Programmierkenntnisse mehr notwendig sind, um beispielsweise Cobots (Collaborative Roboter) für unterschiedliche Anwendungen wie be- und entladen, Qualitätskontrolle, Lackieren, Waschen sowie die Verbindung mit Messgeräten einzusetzen. Sie sind mit Sensoren ausgestattet, die den Tastsinn des Menschen nachempfinden. Damit können sie Werkstücktoleranzen ausgleichen oder Hindernisse im Arbeitsraum umgehen.
Dies ermöglicht den umhausungsfreien Betrieb in Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden. Dieser Trend verhilft auch den Roboterherstellern zu guten Geschäften. «Cobots sind immer noch ein aufsteigender Stern in der Produktion, besonders für kleinere Unternehmen, die jetzt mit Schwierigkeiten bei den Arbeitskräften konfrontiert sind», sagt Nils Tersteegen, Marketing-Manager beim japanischen Anbieter Fanuc.
Ein weiterer Schwerpunkt ist Connectivity. Dabei geht es vor allem um die Offenheit beim Datenaustausch, beispielsweise auf der Basis von OPC UA. Darauf basiert auch die Companion Specification OPC UA for Machine Tools unter dem Dach von umati. Der Abruf grosser Datenmengen aus der digitalen Steuerung ohne Beeinträchtigung des Prozesses ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die Verfügbarkeit transparenter Prozessdaten bildet die Grundlage für die Überwachung von Prozessen und ein darauf aufbauendes Qualitätsmanagement.
Für 68 Prozent der Besucher steht die Future of Sustainability in Production hoch im Kurs, bei den Ausländern mit einem Anteil von drei Vierteln sogar noch stärker als beim deutschen Publikum. Der Hauptaspekt ist Effizienz. Einige Beispiele dazu: Der sogenannte Product Carbon Footprint beispielsweise weist den CO2-Ausstoss bei der Produktion aus und gibt den Kunden detaillierte Informationen dazu, welche indirekten Emissionen die eingesetzten Werkzeuge in ihrer CO2-Bilanz konkret leisten. Ein anderes Beispiel ist der Spindelaufbau, der auf Energieeffizienz und nicht in erster Linie auf maximale Leistung ausgelegt ist. Kühlschmierstoffe schliesslich können durch Überwachung und Filterung länger genutzt werden.
Dr. Hubert Ermer, Geschäftsführer Produkte und Märkte Dr. Johannes Heidenhain GmbH, Deutschland, bringt es auf den Punkt: «Die Themen Digitalisierung und Automatisierung schreiten in hohem Tempo weiter voran. Dabei gilt es prozesssicher zu fertigen. Das erhöht die Produktivität und gleichzeitig kann der Carbon Footprint reduziert werden. Die EMO hat uns die Plattform gegeben, um gerade auch die konkreten Herausforderungen der Transformationsprozesse in den Fertigungen zu diskutieren und hier unsere Kunden intensiv zu begleiten.»
Hohe Zahl an Erstbesuchern
Mehr als die Hälfte der Messegäste besuchten die EMO nach eigenen Angaben zum ersten Mal. Das trifft sich mit dem Ziel der Aussteller, ihr Neukundengeschäft zu forcieren. Dr.-Ing. Karten Röttger, CEO bei der Ecoroll AG aus Deutschland, sagt: «Viele Besucher sind erstmalig auf uns aufmerksam geworden. Sie hatten die Möglichkeiten der mechanischen Oberflächenveredelung noch nicht auf dem Schirm. Den steigenden Anforderungen an Produktqualität, aber vor allem auch der verstärkten Nachfrage nach nachhaltigen Produkten, können wir mit unseren Werkzeugen perfekt begegnen.»
Auch rund ein Fünftel der Aussteller waren zum ersten Mal dabei. Stellvertretend sagt Jörg Rommelfanger, Leiter Robotics-Division ABB, Deutschland: «Die diesjährige EMO bot die ideale Plattform, um hier erstmals unsere neuesten Technologien und Lösungen für die Branche zu präsentieren. Darunter eine Maschinenbeschickungszelle, die speziell für die schnelle und automatisierte Entnahme von zufällig angeordneten Werkstücken konzipiert ist. Das Interesse war enorm, und die zahlreichen Gespräche inklusive Vorführungen inspirierend und wertvoll.»
60 Prozent der Besucher sind Führungskräfte
Bei der EMO Hannover gilt es, dabei zu sein, Flagge zu zeigen und Kompetenz zu beweisen. Und es werden Geschäfte gemacht. Die EMO ist daher eine Messe für Führungskräfte und Entscheider aus dem Maschinenbau, der Automobil- und Zulieferindustrie, Metallverarbeitung, Feinmechanik, Optik, der Luft- und Raumfahrtindustrie u.v.m. Knapp 60 Prozent der Besucher sind Führungskräfte oder kommen aus dem Top-Management.
Knapp die Hälfte hat Entscheidungskompetenz für Einkauf und Beschaffung. Tatsächlich kam auch die Hälfte der Fachbesucher nach eigenen Angaben mit konkreten Investitionsvorhaben zur EMO. Durchschnittlich planen diese Besucher, knapp 3 Mio. Euro zu investieren.
Ein Viertel gab an, auf der Messe Aufträge erteilt zu haben
Mehr als ein Viertel gab an, bereits auf der Messe Aufträge erteilt zu haben. Davon kann auch Stephan Nell, CEO der United Grinding Group aus der Schweiz, berichten: «Die Anzahl Leads ist aktuell auf dem Niveau von 2019. Auch wurden direkt auf dem Messestand einige Maschinenverträge unterschrieben.» Ein weiteres Viertel beabsichtigt laut Umfrage, nach der Messe Aufträge zu vergeben.
«Die EMO Hannover hat ihre Position als Weltleitmesse der Produktionstechnologie erneut bestätigt und gefestigt», sagt Welcker abschliessend. Er freue sich auf die nächste Veranstaltung, die in zwei Jahren bei besserer Konjunktur sicher auch wieder mehr Aussteller anziehen werde.
EMO feiert 50-jähriges Jubiläum in 2025
Nicht vor Ort waren beispielsweise Werkzeughersteller, die dem schwedischen Mutterhaus Sandvik angehören als auch der grösste Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller. Aus Sicht der Besucher ist das bedauerlich, da dadurch Unternehmen mit einem hohen technologischen Kompetenzgefüge in Hannover für einen individuellen Austausch definitiv gefehlt haben.
Vor 50 Jahren fand die erste EMO Hannover statt. 2025 wird sie vom 22. bis 27. September ausgerichtet. (böh) SMM
(ID:49702434)