Messsystem für exakte Werkzeug- und Werkstückmessung Polierwerkzeuge präzise in Roboterzellen messen

Autor / Redakteur: Theo Drechsel / Anne Richter

Toolcraft entwickelt und baut Roboterzellen für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete vom Polieren bis zum Fräsen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Messsysteme von Blum-Novotest, die bei exakten Werkzeug- und Werkstückmessungen mit dem Roboterarm eingesetzt werden.

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Fünf Stäubli-Roboter polieren Keramikspangen für Gangwahlhebel. Die Präzision der Bearbeitung wird durch die Werkzeuglängenmessung mit dem Werkzeug-Messtaster Z-Nano von Blum gewährleistet.
Fünf Stäubli-Roboter polieren Keramikspangen für Gangwahlhebel. Die Präzision der Bearbeitung wird durch die Werkzeuglängenmessung mit dem Werkzeug-Messtaster Z-Nano von Blum gewährleistet.
(Bild: Blum Novotest)

Die Geschichte der Robotikabteilung begann bei Toolcraft mit einem Kunden aus dem Automotive-Bereich: Für Audi wurde eine komplexe Anlage umgesetzt, wodurch die Nachfrage stark stieg und schliesslich zur Gründung der Abteilung führte. «Wir haben viel eigene Erfahrung mit Robotern und des Weiteren durch Unicam grosses Know-how auf der Softwareseite zur Verfügung», berichtet Abteilungsleiter Thomas Wieland. «Dieses Wissen kombinieren wir, um Sonderlösungen für die komplexen Aufgabenstellungen unserer Kunden zu entwickeln.»

Ein gutes Beispiel für diese Anforderungen ist eine Fertigungsanlage, die aus fünf Fünfachs-Schleifmaschinen und ebenso vielen Roboterzellen besteht. In diesen werden Vollkeramikspangen mit hinterleuchteter Ganganzeige geschliffen und poliert, die auf dem Gangwahlhebel aktueller Oberklasse-Modelle von BMW ihren Platz finden. Die Bauteile bringen bei der Bearbeitung eine ganze Reihe an Herausforderungen mit sich: So lässt sich die flache, in alle Richtungen gebogene Spange nur schwer spannen und die Keramik ist schwierig zu polieren. Zudem entstehen die durchleuchteten Bereiche, indem in Aussparungen der schwarzen Keramik heller Kunststoff gespritzt wird. Beim Polieren darf der weichere Kunststoff nicht ausgewaschen beziehungsweise zu tief abgetragen werden.

Mannlose Fertigung dank Werkzeug- Messtaster

In den Zellen von Toolcraft arbeiten hochpräzise Stäubli-Roboterarme mit einem eigens entwickelten, auf einer Schnelllaufspindel rotierenden Filzwerkzeug. Die Spangen – von denen es acht Varianten gibt – werden immer zu zweit in speziell angepassten Vakuum-Nullpunkthalterungen gespannt und nacheinander bearbeitet. «Da sich der Filz trotz der zuvor aufgesprühten Polierpaste schnell abnutzt und manchmal von der Trägerscheibe löst, nutzen wir in den Roboterzellen den Werkzeug-Messtaster Z-Nano von Blum-Novotest, um vor jedem Poliergang die Dicke des Filzes – und damit die Lage der Oberfläche des Werkzeugs – zu bestimmen», erläutert Thomas Wieland. «Ab einer bestimmten Verschleissgrenze nimmt sich der Roboter dann einen neuen Filz aus einem Magazin.»

Die einzuhaltenden Toleranzen sind extrem eng und liegen im Bereich von fünf Hundertstelmillimeter auf der Freiformfläche. Deshalb kommen auch schon bei der vorhergehenden Schleifbearbeitung Z-Nano-Taster in den Schleifmaschinen zum Einsatz, um auch die Schleifstifte präzise zu vermessen. Dabei war den Franken wichtig, die Schleif- und Polierbearbeitung mannlos betreiben zu können – und das ist ihnen auch gelungen. Alle Maschinen – je fünf Schleifmaschinen und Polierroboter – können von einer einzigen Person bedient werden. Ohne die Werkzeug-Messtaster von Blum wäre dies nicht möglich.

Blum hat mit dem Z-Nano ein ebenso robustes wie zuverlässiges und präzises Messmittel im Programm. «So ist die Messfläche, die bei der Messung betätigt wird, mit einer kugelgelagerten Linearführung ausgestattet. Dies sorgt für einen präzisen Lauf ohne auf das Werkzeug wirkende Querkräfte und ist dabei verschleissfrei und langzeitstabil», erklärt Stephan Otto, Vertriebsmitarbeiter von Blum-Novotest. «Ebenso verschleissfrei ist die optische Signalgenerierung mit einer Miniaturlichtschranke, die hohe Messgeschwindigkeiten und Genauigkeiten erlaubt. Je nach Ausführung überträgt der Z-Nano die Daten kabelgebunden, per Infrarot oder Funk, so dass er in den zwei letzteren Varianten sogar flexibel positioniert und angefahren werden kann.»

Lasermesssystem für raue Umgebung

Im Zuge eines aktuellen Projekts soll in einer riesigen Bearbeitungszelle – ebenfalls mit einem Roboterarm – ein Block aus extrem abrasivem Material gefräst werden. Das Material ist so aggressiv, dass es die Laufbahnen und Spindellager herkömmlicher Bearbeitungszentren innerhalb eines halben Jahres zerstört. Roboterarme haben den Vorteil, statt Linearachsen nur einfacher zu dich­tende Drehgelenke zu besitzen. Ausserdem wird der Arm in eine Schutzhülle eingepackt und das Gehäuse des Arms mit leichtem Überdruck beaufschlagt, um den abrasiven Staub aus dem Inneren des Roboterarms fernzuhalten. Im Zuge der Bearbeitung reduziert sich das Gewicht des Blocks von 1300 auf knapp über 200 Kilogramm.

Gleichzeitig ist bei der Bearbeitung eine hohe Genauigkeit gefordert: «Zur Kontrolle der über 60 unterschiedlichen Werkzeuge, die im Verlauf der Bearbeitung zum Einsatz kommen, ist in einer Ecke des Arbeitsraums das Lasermesssystem LC50-Digilog von Blum montiert. Mit dem System führen wir vor jedem Werkzeugwechsel eine Werkzeugbruchkontrolle durch und messen präzise an kritischen Stellen der Bearbeitung die einzelnen Schneiden der Werkzeuge», unterstreicht Thomas Wieland. «Um mit einem Roboterarm genau arbeiten zu können, benötige ich exakte Informationen über die Position des Werkzeugs und seine Länge. Die liefert der Blum-Laser sehr zuverlässig.» Zum Einsatz kommt in Georgensgmünd das neue Lasermesssystem LC50-Digilog. Dieses System ist perfekt für die raue Umgebung geeignet, da es während der Bearbeitung die Öffnungen der Laseroptiken schliesst, sodass kein Staub eindringen kann. Das Sperrluftsystem des LC50-Digilog, das den Sichtkanal des Lasers während der Messung staubfrei hält, erzeugt beim Öffnen der Blende ausserdem einen «Explosionseffekt», der die Blendenöffnungen schlagartig frei bläst. So werden zuverlässige Messungen auch in sehr schmutziger Umgebung sichergestellt.

Verschleissfreies optisches Einmessen des Werkstücks

Eine weitere Herausforderung stellt der Material­block dar, der zwischen zwei Bearbeitungsschritten aus der Roboterzelle entfernt und wieder aufgespannt werden muss. Um weiterarbeiten zu können, muss das Werkstück zwingend neu eingemessen werden. Die Roboterzelle nutzt dazu den modularen Messtaster TC63-10, der wie ein Werkzeug an der Spitze des Roboters angebracht wird und seine Daten mittels BRC-Funktechnologie an die Maschine überträgt. Auch bei diesem Messtaster wird das Schaltsignal optisch und damit verschleissfrei erzeugt, was eine über viele Jahre hinweg gleichbleibende Messgenauigkeit garantiert. Wie in vielen anderen Messtastern von Blum arbeitet im TC63-10 das hochpräzise, planverzahnte Shark360-Messwerk mit 72 Zähnen.

«Ein weiterer Vorteil des Messtasters liegt in seiner Modularität, d. h., er kann mit verschiedenen Tasteinsätzen und Verlängerungen bestellt werden. So verwendet Toolcraft in der Roboterzelle einen Tasteinsatz mit zwei Rubinkugeln, von denen eine am vorderen Ende der Spitze sitzt und die zweite etwas hinter der Spitze an einem seitlichen Ausleger», beschreibt Stephan Otto. «Diese Messkugel­anordnung ermöglicht zusammen mit dem planverzahnten Shark360-Messwerk unter anderem ziehende und drückende Messungen beispielsweise an Stegen und Nuten.» Der Messtaster kann zudem über Kohlefaser-Zwischenstücke verlängert werden, so dass Messpunkte auch in unzugänglichen Bereichen des Werkstücks, Hinterschnitten und Bohrungen erreicht werden können.

Ziehende und drückende Messung

Der TC63-10 eignet sich für die Anforderungen von Toolcraft perfekt, denn er ist schlank und lässt sich flexibel an die Messaufgabe anpassen. Wichtig ist für die Franken zudem die ziehende und drückende Messung, um am Werkstück schnell und zuverlässig alle relevanten Masse erfassen zu können. Die Messzeit selbst stellt kein Kriterium dar, weil diese Bearbeitungstechnik ohne das Einmessen des Werkstücks in der Zelle gar nicht umgesetzt werden könnte. Das heisst aber nicht, dass es lange dauert, schliesslich fährt man in Georgensgmünd mit dem TC63-10 auf dem Roboterarm mit 10 Metern pro Minute an die Messpunkte an, um dann die eigentliche Messung mit einer etwas langsameren Geschwindigkeit durchzuführen.

Die bereits seit vielen Jahren präzise und unauffällig arbeitenden Messtaster und Lasermesssysteme von Blum haben sich bei den Franken absolut bewährt. «Toolcraft hat einen sehr guten Ruf bei den Kunden, der auf unserer Innovationskraft und unserem Qualitätsanspruch basiert. Daran haben die Blum-Messsysteme grossen Anteil, weil sie flexibel sind sowie zuverlässig und genau arbeiten – so wie wir eben auch», fasst Thomas Wieland zusammen. «Wir sind sehr zufrieden mit den Systemen, denn fast alle unserer 60 Fünfachs-Bearbeitungszentren sind mit einem Blum-Lasermess­system ausgestattet, zudem erhält jedes neue Bearbeitungszentrum einen Messtaster. Nicht vergessen werden sollten auch die Werkzeug-Messtaster in den Schleif- und den Poliermaschinen.» SMM

EMO 2019 Halle 6, Stand D01

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