Trumpf Schweiz: Solide, an Wachstum orientierte Strategie Gute Aussichten dank Diversifizierung

Redakteur: Konrad Mücke

Über das regionale und das globale Marktumfeld, wirtschaftliche Entwicklungen und technische Trends sprachen wir mit Andreas Conzelmann, CEO, und Adrian Schär, Leiter Vertrieb und Service, bei der Trumpf Schweiz AG.

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Zum dauerhaften, gegen chemische und korrosive Beanspruchung beständigen Beschriften in der Medizintechnik entwickelt und produziert Trumpf Schweiz massgeschneiderte Lösungen bestehend aus dem Markierlaser, aus Kamerasystemen und Softwarelösungen.
Zum dauerhaften, gegen chemische und korrosive Beanspruchung beständigen Beschriften in der Medizintechnik entwickelt und produziert Trumpf Schweiz massgeschneiderte Lösungen bestehend aus dem Markierlaser, aus Kamerasystemen und Softwarelösungen.
(Bild: SMM – Konrad Mücke)

SMM: Wie beeinflusst die internationale Schwäche in der wirtschaftlichen Entwicklung Ihre Produktion und Ihre Geschäfte bei Trumpf Schweiz?

Andreas Conzelmann: Wir sehen seit etwa zwölf Monaten im weltweiten Markt aufgrund geopolitischer Unsicherheiten und durch den Trend Richtung Elektromobilität eine stark unterschiedliche Entwicklung. Wir haben nach wie vor wachsende und aussichtsreiche, aber auch stagnierende und eher rückläufige Bereiche. Speziell für Trumpf in der Schweiz spielt einerseits der interne Markt eine Rolle, aber auch die exportorientierten Geschäftsfelder beeinflussen unsere Geschäftstätigkeit. Die erwähnten Unterschiede bilden sich im Geschäft der Trumpf Schweiz ab. Mit Kunden in der Schweiz laufen die Geschäfte nach wir vor gut. Beim Exportgeschäft sehen wir deutliche Unterschiede in einzelnen Bereichen, von noch starkem Wachstum bis zu Stagnation und Rückgang.

Adrian Schär: Gründe für den bislang guten Verlauf in der Schweiz liegen sicher in den diversifizierten Geschäftsfeldern unserer Kunden und in der Vielzahl an unterschiedlich orientierten Kunden zu sehen. So gleichen sich schwankende Geschäftsentwicklungen wechselseitig aus, die Umsätze in einem wachsenden Bereich gleichen die Umsätze in eher schwächelnden Branchen aus. Zudem gibt es aus meiner Sicht einen wesentlichen Grund für das heute gute Abschneiden des Schweizer Markts. Vor etwa fünf Jahren wurden die in der Schweiz produzierenden Unternehmen durch die plötzliche Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro sehr stark gefordert. Sie haben die Situation aber mit Bravour bewältigt. Sie haben sich neu orientiert und positioniert. Sie arbeiten heute produktiver und wirtschaftlicher. In der Summe haben sie profitiert. Die Unternehmen haben sich fit gemacht für kommende Wirtschaftskrisen und können als Schweizer Unternehmen inzwischen international wettbewerbsfähig produzieren.

Auch in der Schweiz gibt es eher schwächelnde Branchen und Geschäftsbereiche für Trumpf. Wird diese Entwicklung im Wesentlichen vom Mobilitätswandel oder von anderen Faktoren bestimmt?

A. Conzelmann: Sicher werden manche Produktionsbetriebe in der Schweiz auch vom Mobilitätswandel tangiert. Trumpf hat sich schon seit einigen Jahren mit Neuentwicklungen am Megatrend Elektromobilität orientiert, insbesondere mit dem Geschäftsbereich Lasertechnik. Unsere Laser werden beispielsweise beim Schweis­sen von Gehäusen für Batterien oder zum Schweissen von Klemmen für die Stromversorgung im Automobil eingesetzt. Auch zum Schneiden von Folien für Batteriezellen eignen sich unsere Laser ganz hervorragend. Allerdings befinden sich derzeit viele Automobilhersteller und Zulieferer in einer Übergangsphase, die zu einem vorübergehend schwachen Markt­umfeld führen kann. In den herkömmlichen Bereichen wird weniger investiert, die Investitionen für neue Technologien erfolgen erst nach und nach.

Welche Entwicklung erwarten Sie für die nächsten Jahre speziell für Trumpf? Werden die wachsenden Anwendungsfelder, die künftig stagnierenden und sogar rückläufigen Bereiche ausgleichen oder sogar überflügeln?

A. Conzelmann: Im Kerngeschäft wird es mittelfristig einen Ausgleich geben. Wir haben in den letzten Jahren viele zukunfts­trächtige Produkte entwickelt. Das betrifft unter anderem Laser mit sehr hohen Leistungen im Bereich von 30 kW für Anwendungen im Bereich der Halbleiterherstellung. Zudem haben wir Laser und Systeme für die Medizintechnik und für die additive Fertigung im Portfolio. Beides sind Bereiche, die stark wachsen werden.

Darüber hinaus erwarten wir von der Digitalisierung und der Einführung von verketteten Maschinen und Lasern weiteres Wachstum. Um wettbewerbsfähig in immer kleineren Losgrössen vornehmlich individualisierte Produkte fertigen zu können, kommen Produktionsbetriebe um eine durchgängig digitalisierte und in allen Prozessen transparente und verkettete Fertigung nicht umhin. Ein Beispiel hierfür ist der weltweit erste Laservollautomat zum Schneiden ebener Bleche. Es geht dabei um eine vollständig automatisierte Lösung inklusive der vor- und nachgelagerten Prozesse. Dazu gehören beispielsweise die Blechzuführung über ein Lagersystem, das Sortieren von kleinen Blechteilen in Transportboxen sowie das Abstapeln grosser Blechteile sortiert nach Auftragslosen.

Warum müssen Produktionsbetriebe Ihrer Meinung nach weitgehend automatisieren?

A. Conzelmann: Jüngst haben wir zusammen mit einem Fraunhofer-Institut in einer Studie unter mittelständischen Betrieben ermittelt, dass typische Blechbearbeitungsmaschinen – beispielsweise Laserschneidmaschinen, Stanz- und Biegemaschinen – etwa achtzig Prozent der verfügbaren Zeit von unseren Kunden nicht produktiv nutzen. Ursachen sind vorbereitende Arbeiten, Materialtransporte, Wartezeiten und ähnliches. Um wettbewerbsfähig zu arbeiten, muss der Anteil der wertschöpfenden Zeit innerhalb der gesamten Prozesskette erhöht werden. Das gelingt aus unserer Sicht nur mit Softwarelösungen, die die Produktion ganzheitlich steuern und überwachen. Speziell für mittelständische Betriebe, die ohne eine umfassende und entsprechend aufwendige ERP-Lösung arbeiten, bieten wir verschiedene Softwarelösungen im Produktionsumfeld an.

Gibt es bereits realisierte Lösungen und Anwendungen oder steckt das Ganze noch in der Entwicklungsphase?

A. Schär: Wir haben bereits die passenden Systeme anwendungsfertig entwickelt. In Pilotprojekten, sogenannten Leuchtturmprojekten, haben wir vereinzelt zusammen mit Anwendern entsprechende Produktionsbeispiele in der Praxis verwirklicht. In allen Regionen der Schweiz können wir zusammen mit Anwendern Beispiele präsentieren. Dort können wir die durchgängige Digitalisierung aller Prozesse von der Bestellung über die Produktion bis zur Auslieferung in der Praxis vorführen. Vor allem dieses Geschäftsfeld – den gesamten Produktionsprozess ganzheitlich zu betrachten, zu steuern und zu überwachen – sehen wir bei Trumpf als sehr zukunftsträchtig an.

Heute erwarten Produktionsbetriebe die volle Transparenz über ihre internen Abläufe und zusätzlich weitreichende Möglichkeiten, in jeder Station und Situation kurzfristig in die Prozesse eingreifen und diese umsteuern zu können. Mit unseren ganzheitlichen Systemen zur Digitalisierung können wir das verwirklichen. Der Fokus liegt ganz klar auf zusammenhängenden Produktionsprozessen. Einzelmaschinen und das Bestreben, einzelne Prozesse weiter zu beschleunigen und produktiver zu gestalten, rücken dagegen in den Hintergrund der Betrachtung.

Was können Sie Interessenten raten, um die Digitalisierung zu realisieren?

A. Conzelmann: Wir raten dazu, an einzelnen Stationen in der Produktion zu beginnen und aus den gewonnenen Erfahrungen heraus die Digitalisierung Schritt für Schritt voranzutreiben. Vorteilhaft in der Zusammenarbeit mit Trumpf ist dabei, dass Betriebe jeder Grösse in unserem Portfolio die für sie passenden Lösungsbausteine finden. So können wir einerseits einem Kleinstbetrieb mit nur einer Maschine eine Softwarelösung für die transparente Produktion anbieten. Andererseits können wir einen grossen Serienfertiger mit einer vollumfänglich verketteten und vernetzten Blechteilefertigung mit Maschinen, Automatisierungskomponenten und Softwarelösungen ausstatten.

Sicher funktioniert diese Digitalisierung wie man sagt «auf der grünen Wiese». Was raten Sie den vielen Unternehmen, die selbstverständlich über bestehende, bewährte Maschinen verfügen, die sich meist nicht so homogen in ein Soft- und Hardwarenetzwerk einfügen?

A. Schär: Auch diesen Unternehmen können wir geeignete Systeme bieten. Denn niemand wird allein wegen der Digitalisierung seinen Maschinenpark komplett erneuern. Wir stellen vor allem mithilfe von Apps Lösungen bereit, um auch bewährte Maschinen in die Softwarevernetzung einzubinden. Selbstverständlich sind partielle Automatisierungslösungen, beispielsweise mit einem Roboter an einer Gesenkbiegemaschine, nachträglich installierbar.

In welche Richtung wird sich die Fertigung hinsichtlich der Auftragslage entwickeln, wird es künftig eher Einzelfertiger für individualisierte Produkte oder nach wie vor die Serienfertigung mit tausenden gleicher Bauteile geben?

A. Conzelmann: Beides wird weiterhin bestehen. Aber sämtliche Produktionsbetriebe müssen künftig flexibler und kurzzyklischer arbeiten. Dazu tragen wir mit der Transparenz bei, die unsere Softwaresysteme schaffen.

A. Schär: Der typische Anwender in der Schweiz – der mittelständische Betrieb, der eher in kleineren Serien produziert – wird von automatisierten Anlagen profitieren. Wir ermöglichen ihm, Serien in den unbeaufsichtigten Schichten beispielsweise über Nacht wirtschaftlich zu fertigen, Einzelstücke aber flexibel und bedarfsgerecht in den Schichten mit qualifiziertem Personal abzuarbeiten. Das verstehen wir unter der Flexibilität, die wir mit unseren automatisierten Systemen bieten.

Welche Betriebe begeben sich aus Ihrer Erfahrung eher auf die Reise zur Digitalisierung – kleinere oder grössere?

A. Schär: Dabei spielt der Nutzen eine wichtige Rolle. Sind Interessenten davon überzeugt, dass die Digitalisierung einen nachweisbaren Nutzen und wirtschaftliche Effekte bringt, entscheiden sie sich schnell für die angebotenen Lösungen. Dies gilt unabhängig von den Grössen der Betriebe, vom Ein-Mann-Unternehmen bis zum grös­seren Produktionsbetrieb mit zehn oder fünfzehn Maschinen und einigen Dutzend Mitarbeitenden. Unsere Leuchtturmprojekte dienen dabei gewissermassen als Katalysator. An ihnen können Interessenten den messbaren Nutzen erkennen.

Trumpf befasst sich neben der Blechbearbeitung inzwischen auch – ausgehend vom Laser – mit der additiven Fertigung. Wie schätzen Sie in diesem Bereich die weitere Entwicklung ein?

A. Conzelmann: Wir zielen auf neue Anwendungen zum Beispiel in der Dentaltechnik, in der Luft- und Raumfahrt oder der Medizintechnik. Beispielsweise sind innen liegende Kühlkanäle für Brennerdüsen oder Kühlkörper mit sehr feinen Strukturen und einer deutlich vergrösserten Oberfläche realisierbar. Für die Medizintechnik lassen sich individualisierte Implantate herstellen. Wir sind der Meinung, dass die Anwender eine Übergangszeit benötigen. Sie müssen erst die Möglichkeiten der additiven Fertigung erkennen und passend konstruieren. Deshalb wird die Verbreitung dieser Fertigungstechnologie noch einige Zeit dauern. Weiteres Wachstum versprechen wir uns von Ultrakurzpulslasern. Sie werden in der Medizintechnik zum Markieren von Bauteilen eingesetzt. Speziell wegen der Forderungen nach vollständiger Rückverfolgbarkeit der Produkte spielt die Beschriftung eine zunehmend grössere Rolle. Mit dem Ultrakurzpulslaser erzeugte Beschriftungen widerstehen chemischen und korrosiven Einflüssen und sind damit dauerhaft lesbar. Bei Trumpf in der Schweiz entwickeln und produzieren wir massgeschneiderte Lösungen bestehend aus dem Markierlaser, Kamerasystemen und Softwarelösungen.

Welche Geschäftsfelder werden mittelfristig für Trumpf Schweiz zum Wachstum beitragen?

A. Schär: In der Schweiz gehört der Ultrakurzpulslaser für die Medizintechnik und die Uhrenindustrie dazu. In der Blechbearbeitung sehen wir die miteinander vernetzten und verketteten Systeme als treibend für unser Wachstum an. Mit unserem System TruConnect haben wir hierfür die passende Lösung.

A. Conzelmann: Gleiches gilt für die aus der Schweiz exportierten Produkte.

A. Schär: Der Schwerpunkt in den Forderungen von Kunden und in der Entwicklung liegt künftig auf ganzheitlichen Prozessen und Gesamtlösungen. Einzelne Maschinen treten in den Hintergrund. Es geht zunehmend darum, die gesamte Prozesskette in der Produktion zuverlässiger, stabiler und flexibler zu gestalten.

Das erfordert allerdings sehr viel Know-how in Organisation und Software. Die Entwickler müssen anders denken als ein klassischer Ingenieur, der eine Maschine zum Bearbeiten eines Stück Metalls konstruiert. Wie bewältigt Trumpf diesen Wandel?

A. Conzelmann: Wir lernen aus unseren Erfahrungen. Wir installieren die von uns entwickelten Lösungen zunächst in unserer eigenen Fertigung, prüfen dort die Funktionen und optimieren das Gesamtsystem. Zudem haben wir kürzlich bei Trumpf in der Schweiz eine eigene Abteilung mit Spezialisten geschaffen, die sich vornehmlich mit den Fragen der Digitalisierung und der Softwareentwicklung befasst. Darüber hinaus arbeiten wir sehr eng mit Fachhochschulen und der ETH Zürich zusammen, um einen schnellen Transfer von Erkenntnissen aus der Forschung in die Praxis zu realisieren. Um den Nachwuchs zu sichern, führen wir mit Dritt- und Viertklässlern MINT-Camps durch, um die Schülerinnen und Schüler bereits früh für die Technik zu begeistern.

Wie ändern sich Ihrer Meinung nach die Berufsbilder aufgrund der zunehmenden Digitalisierung?

A. Conzelmann: Es wird eine Annäherung oder sogar Verschmelzung geben zwischen den bisher eher eng begrenzten Berufsfeldern. Selbstverständlich werden wir künftig neben Ingenieurinnen oder Ingenieuren weiterhin Informatiker oder Physiker benötigen. Kompetenzen wie vernetztes Denken, Kenntnisse über Datenanalyse, Künstliche Intelligenz oder Maschine Learning werden in den nächsten Jahren immer wichtiger werden.

Vor einiger Zeit hat Trumpf die Strukturen in der Schweiz doch deutlich verändert. Wie haben sich die Kunden damit inzwischen angefreundet?

A. Schär: Bedeutend für die Akzeptanz bei unseren Kunden ist, dass wir in Baar investiert und neue Räume bezogen haben. Wir haben eine besondere Nähe zu unseren Kunden geschaffen, denn der grösste Anteil der dort heute 70 Beschäftigten ist fortlaufend in der Schweiz unterwegs, um Kunden zu betreuen. Die zunächst bemerkte Unruhe unter unseren Kunden hat sich als völlig unbegründet erwiesen. Wegen der inzwischen kürzeren Kommunikationswege und der kurzfristig verfügbaren Informationen aus allen Bereichen einschliesslich des Standorts Grüsch begrüssen viele unserer Kunden sogar die neue Struktur. Ersatzteile sind schneller verfügbar. Somit hat sich die Umstrukturierung in der Praxis bewährt und als vorteilhaft für unsere Kunden erwiesen.

Besonders profitieren wir auch von der Integration des Softwareentwicklers Teufel Solutions in die Trumpf Schweiz AG. Die Spezialisten dort sind nun fester Bestandteil unseres Unternehmens. Das vereinfacht wesentlich, Softwareprojekte abzuwickeln. Und auch Kunden profitieren, denn sie sprechen nunmehr mit nur einem Unternehmen, unabhängig, ob es um die Maschinen, die Automation oder die Software geht.

A. Conzelmann: Durch die neue Struktur kann Trumpf in der Schweiz einerseits schlagkräftiger und andererseits noch kundennäher agieren. Wir können die Erkenntnisse und die Erfahrungen aus dem wichtigen Markt Schweiz noch besser in die Technologie- und Produktentwicklung einbringen. Adrian Schär gehört zum Kreis der Geschäftsleitung von Trumpf Schweiz. Das ermöglicht uns beispielsweise, einen gross angelegten Technologietag für Medizintechnik in Grüsch zu veranstalten, an dem alle relevanten Abteilungen aus der Schweiz und aus dem Stammhaus mitwirken. Wir profitieren von einer engeren Kommunikation zwischen den Business-Units.

Herr Conzelmann, Herr Schär, vielen Dank für dieses interessante Gespräch.

Das Interview führte Konrad Mücke, Reaktor SMM. SMM

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